Die Monografie “Maurerische Schriften” aus dem Jahr 1862 beschreibt zahreiche Freimaurer-Verschlüsselungen. Dazu gehören auch zwei teilweise verschlüsselte Texte. Können meine Leser diese lösen?

English version (encrypted with DeepL)

Peter Raabye, Großer Archivar des Dänischen Ordens der Freimaurer, hat mich vor ein paar Wochen auf eine äußerst interessante Monografie aus dem Jahr 1862 aufmerksam gemacht: “Maurerische Chiffren” von C. A. Göpel. Diese 65-seitige Veröffentlichung stellt mehrere Dutzend Freimaurer-Chiffern vor. Hier, hier und hier steht sie zum Download bereit (ich musste sie größenbedingt in drei Teile aufteilen).

 

Göpels “Maurerische Chiffren”

Eine so umfangreiche Aufstellung zum Thema Freimaurer-Chiffren habe ich noch nie gesehen. Um so erstaunlicher ist es, dass diese Monografie anscheinend völlig unbekannt ist. Ich habe bei einer Google-Suche keine einzige Webseite gefunden, die diese Veröffentlichung auch nur erwähnt.

Im Februar habe ich ein paar Verschlüsselungsverfahren, ein Tagebuch mit kryptologischem Inhalt sowie zwei verschlüsselte Inschriften (auf einem Logenzeichen und auf einem Goldring) aus dieser Monografie vorgestellt. Meine Leser veröffentlichten, wie üblich, einige interessante Kommentare dazu, doch insbesondere die beiden Inschriften konnte bisher keiner lösen. Hier sind sie noch einmal:

Quelle/Source: Maurerische Chiffren

Diese Inschriften sind ziemlich kurz, was die Sache natürlich schwierig macht.

“Maurerische Chiffren” hat aber noch mehr zu bieten. Der folgende Ausschnitt zeigt beispielsweise drei Varianten der Pigpen-Chiffre, die für Lehrlinge, Mitbrüder und Meister gedacht sind:

Quelle/Source: Maurerische Chiffren

Anscheinend verwendeten Lehrlinge, Mitbrüder und Meister unterschiedliche Verschlüsselungsverfahren, damit beispielsweise die Mitbrüder die Nachrichten der Meister nicht lesen konnten. Bezüglich der Sicherheit sehe ich zwischen den drei Chiffren keinen Unterschied.

Das folgende Diagramm zeigt gleich 19 Freimaurer-Verschlüsselungen auf einmal:

Quelle/Source: Maurerische Chiffren

 

Ein verschlüsselter Text

Besonders spannend sind die verschlüsselten Texte ohne Lösung, die in diesem Buch zu finden sind. Das folgende Beispiel kann man auf Seite 11 nachlesen:

Quelle/Source: Maurerische Chiffren

Leider ist bereits der Klartext schwer zu lesen. Vielleicht kann ein Leser helfen.

Der verschlüsselte Teil des Texts basiert auf einem Alphabet, in dem viele Zahlen vorkommen. Ich vermute, dass Ausdrücke wie “+16” oder “:16” jeweils für einen Buchstaben stehen. Das erinnert mich an das Verschlüsselungsverfahren des Kindermörders Joseph Peter Smith. Kann ein Leser mehr dazu herausfinden?

 

Noch ein verschlüsselter Text

Auf Seite 41 gibt es einen weiteren teilweise verschlüsselten Text (auch hier ist der Klartext leider schwer lesbar):

Quelle/Source: Maurerische Chiffren

Dieses Mal sehen die verschlüsselten Passagen nach einer einfachen Buchstaben-Ersetzung aus. Kann ein Leser sie entschlüsseln?

 

Noch mehr offene Fragen

Es gibt in “Maurerische Chiffren” noch mehr interessante Chiffren und verschlüsselte Texte. Voraussichtlich werde ich diese in einem weiteren Blog-Artikel vorstellen.

Vielen Dank noch einmal an Peter Raabye, dass er mit diese Monografie zur Verfügung gestellt hat. Ich hoffe, meine Leser helfen dabei, die gezeigten Ausschnitte aus diesem Werk verständlicher zu machen.


Further reading: Verschlüsselte Inschrift auf Freimaurer-Medaille gelöst

Linkedin: https://www.linkedin.com/groups/13501820
Facebook: https://www.facebook.com/groups/763282653806483/

Subscribe to Blog via Email

Enter your email address to subscribe to this blog and receive notifications of new posts by email.

Kommentare (7)

  1. #1 Peter Raabye
    København
    16. März 2021

    The first of the unknown ciphers isn’t all that unknown. It’s a variant of carbonari ciphers. A group of code words (be it e.g. a list of names) is written line by line in a rectangle. The rectangle is “1 alphabet” x 3-4 lines in size. On top of it a “straight” alphabet is placed.
    Coding proceeds by finding the cleartext letter in the primary alphabet, and choosing the encrypted letter in the same column. If a letter is repeated in the rectangle (and most are), they are numbered from left to right and top to bottom. This is done for the first letter of a cleartext word. For the following you will indicate a relative position in the primary alphabet. + marks to the right, and : typically to the left.
    In one such rectangle, you could find e.g. a C in top row and locate G2 in that column. The next letters will be e.g. +16:3:3+9:2, written G:2+16:3:3+9:2 (the “position 2” will also have the :-prefix. With a 22 letter latin alphabet, this spell Carolus.
    This example is from the von Hund patent, a famous, partially unsolved masonic paper.
    The rest of said document is in another cipher – and yes, I’m working on that. André Kervella, a french mason, has just published a good guess on the text (with some obvious mishaps), and that could be used as a crib.

  2. #2 Gert Brantner
    Berlin
    16. März 2021

    Klartext 1 Teil 1

    Aus einem Schreiben des Ordens “Directorii zu Braunschweig

    Klo(unklar), pag. 36.

    Nachrichtlich wird angemerkt

    daß / I J. 21/10 August 42/60 das auf dem abgehaltenen
    Convente zu Kohlo festgesetzte Schottische Directorium
    (Zeichen langes s) *verschlüsselt*
    seinen Anfang genommen, und der Herr deputierte Groß=
    meister (Zeichen alpha) Leopoldo von dem Herrn Visitator Ordinis nomine
    des Herrn Provincial (Zeichen langes s) *verschlüsselt*
    introduiert worden.

    Hierbeg

  3. #3 Klaus Schmeh
    16. März 2021

    @Peter: Thanks for the clarification.
    @Gert: Thanks for the transcription.

  4. #4 Gert Brantner
    Berlin
    17. März 2021

    Thank you, Klaus, but here my second take on text 1. Kurrent is tricky, as it was never written in a consistent manner. I hope to clear up the missing words until tomorrow, and also transcribe the second clear text. Most of the time it helps to let it rest for a night:

    Aus einem Schreiben des Ordens “Directorii zu Braunschweig

    Kloss, pag. 36.

    Nachrichtlich wird angemerkt

    daß / I J. 21/10 August 42/60 das auf dem abgehaltenen
    Convente zu Kohlo festgesetzte Schottische Directorium
    *verschlüsselt*
    seinen Anfang genommen, und der Herr deputierte Groß=
    meister a Leopoldo von dem Herrn Visitator Ordinis nomine
    des Herrn Provincial *verschlüsselt*
    introduiert worden.

    Hierbeg

    (unklar) aber der gegrundete Zweifel erwacht: ob einst
    ein wirklich (unklar) Sprengel “Oberer
    /*verschlüsselt*/

    Ob es nicht besser sein dürfte, daß die be”(iden) vom Vten Grade
    /*verschlüsselt*/ vor ihrer Aufnahme in Driten
    Grad an des Schott:vistor: und von solchen dem Herrn
    Provincial gemacht würden?
    Aus denen von Braunschweig eingegangenen
    Nachrichten wurde der förmliche Actus der /*verschlüsselt
    */ des (unklar) Br. a Victoria, so
    mit allen seinlichkeiten erfolgt ist informiert, und die des=
    halb eingegangener Beglaubigung abschriftlich ad Acta
    genommen.

  5. #5 Gert Brantner
    Berlin
    17. März 2021

    Another thing I noticed: There are digital artifacts in the scans. The overall text is scanned in binary black & white, while some (missing/damaged?) characters seem to have been redrawn in blue afterward. Around it, there are considerable dithering artifacts (small dots like from a wrong resolution). I don’t quite know what to make of this right now, I’ll let it sink.

  6. #6 Norbert
    17. März 2021

    @Peter Raabye
    Thank you! This works well here. The first line could be something like

    Capitularische Regierung,

    and after “des Herrn Provincial” we get
    “|: Herr Meister :|”

    using “abcdefghiklmnopqrstuwxyz as alphabet and interpreting “3 with stroke” as double letter.

  7. #7 Norbert
    17. März 2021

    Sorry, natürlich “Heer-Meister”, nicht Herr Meister … Und “Capitularische” passt nur, wenn sich der Chiffrierer an einer Stelle verzählt hat – trotzdem halte ich es für die wahrscheinlichste Lösung. Ich fasse für die erste Seite zusammen (mit ein paar kleinen Korrekturen im Transkript):

    (…) Nachrichtlich wird angemerkt
    daß (…) das auf dem abgehaltenen
    Convente zu Kohlo festgesetzte Schottische Directorium
    | : CAPITULARISCHE REGIERUNG : |
    seinen Anfang genommen, und der Herr deputirte Groß=
    meister a Leopardo von dem Herrn Visitator Ordinis nomine
    des Herrn Provincial | : HEER MEISTER : |
    introducirt worden. (Hierbey…)