Ein Dokument der Freimaurer aus dem 18. Jahrhundert zeigt eine Stadt, einen Fluß sowie viele seltsame Symbole und Buchstaben. Kann ein Leser dieses Kryptogramm lösen?

English version (translated with DeepL)

Auf Cipherbrain habe ich in den letzten Jahren über vieles gebloggt: über verschlüsselte Postkarten, verschlüsselte Briefe, verschlüsselte Tagebücher, verschlüsselte Inschriften und verschlüsselte Widmungen – um nur einige Beispiele zu nennen.

Eine verschlüsselte Landkarte war bisher dagegen noch nie ein Thema auf diesem Blog. Zwar habe ich bereits einige verschlüsselte Texte vorgestellt, die die Lage eines Schatzes verraten sollen (die Anzahl der Schätze, die damit gefunden wurden, war dagegen weniger zahlreich), doch diese Kryptogramme enthalten keine Landkarte – auch wenn dies durchaus Sinn ergeben würde.

Auch über Landkarten, in denen Botschaften versteckt sind, habe ich schon gebloggt. Doch darum geht es hier nicht. In meinem Buch “Versteckte Botschaften – Die faszinierende Geschichte der Steganografie” gibt es außerdem ein paar Abschnitte zu Landkarten, auf denen Straßen, Wege oder kleine Orte eingetragen sind, die nicht existieren. Damit sollen Abschreiber überführt werden. Aber auch das soll heute nicht das Thema sein.

Wie es schien, kam in den vergangenen Jahrhunderten niemand auf die Idee, die auf einer Landkarte genannten Orte zu verschlüsseln.

 

Die Freimaurer-Karte

Dank dem russischen Blog-Leser Alexander Uliyanenkov kann ich nun aber doch erstmals ein Dokument präsentieren, das man als verschlüsselte Landkarte interpretieren kann. Hier ist es:

Quelle/Source: 12Auction

Alex hat diese Karte auf der Webseite des russischen Auktionshauses 12Auction gefunden. Laut der dortigen Beschreibung stammt das Dokument aus dem 18. Jahrhundert und wurde von Freimaurern geschaffen. Dabei wird der 15. Grad im Hochgradsystem der Freimaurer angegeben – was auch immer das bedeutet. Mehr weiß ich über diese Karte nicht.

An den vier Enden der Karte sind die Wörter “Oriens” (Osten), “Meridies” (Süden), “Occidens” (Westen) und “Setentrio” (Norden) im Klartext angegeben. Anders als heute üblich, ist der Osten oben.

 

Das Kryptogramm

Auf der Karte finden sich zahlreiche Symbole, die an einen Rebus erinnern. Möglicherweise sind sie auch so zu deuten. Vor einigen Jahren habe ich auf Cipherbrain ein Freimaurerbuch vorgestellt, dessen Inhalt auschließlich aus solchen Rebus-Symbolen besteht. Eine gewisse Ähnlichkeit zu den Symbolen auf der Karte ist nicht zu übersehen:

Quelle/Source: Freimaurer-Archiv London

Außerdem finden sich auf der Karte folgende Buchstaben:

JB EG WM T L SDP

Deren Bedeutung ist mir nicht bekannt. Interessant ist auch der Text unter dem Rahmen:

Quelle/Source: 12Auction

Der obere Teil sieht nach einem Schlüssel aus. Der untere Teil könnte eine kurze verschlüsselte Nachricht sein.

Bleibt schließlich noch die Frage, was die Landkarte (falls es eine ist) darstellen soll. Ich sehe einen Fluss und darunter eine Stadt. Kann jemand die Stadt erkennen? Den Fluss wird man allein durch die Zeichnung wohl nicht identifizieren können. Aber vielleicht weiß ein Leser, was die Totenköpfe bedeuten.

Insgesamt finde ich dieses Dokument sehr spannend. Danke an Alexander Uliyanenkov für den Tipp. Vielleicht können meine Leser helfen, diese Landkarte (oder was auch immer ses sein soll) zu entschlüsseln.


Further reading: Wer kann diesen Freimaurer-Stempel entschlüsseln?

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Kommentare (25)

  1. #1 Klaus Schmeh
    27. Mai 2021

    Hamid Hadigol via Linked-in:
    Very interesting article.
    According to the windows of houses in the map and the flags, the wind was blowing to the south east and south, there is a Mediterranean wind that has that effect, the city might be in the eastern Mediterranean and north of the Kaspisches Meer.

  2. #2 mjw
    27. Mai 2021

    Es könnte sich um Italienisch handeln (, da kein k/w).
    Could be Italian (, ’cause no k/w).

    Denke der Wind kommt von Süden her – Richtung Norden.
    I think the wind could blow from South to North.

    Vielleicht Florenz (- Medici)? *Firenze
    Perhaps Florence (-Medici)?

    Das sind nur erste Vermutungen.
    These are just first conjectures.

    Danke für diesen Interessanten Bericht.
    Thanks for this interesting article.

  3. #3 The_Piper
    28. Mai 2021

    Fun fact:
    Die Stadt hat 13 Kirchtürme, damit sollte man sie irgendwie identifizieren können.

    Auch wenn das in der Mitte etwas an die Frauenkirche erinnert, München ist es wohl nicht.

    Auch nicht Florenz, die Kirchtürme scheinen dort viereckig zu sein, und nicht rund, wie auf der Karte.

    Die Orientierung der Karte nach Osten und nicht nach Norden.

    Eigendlich wurden Karten nur im Mittelalter nach Osten ausgerichtet (weil da das heilige Jerusalem lang).
    Seit Erfindung des Kompasses wurde nach Norden ausgerichtet (weil, da zeigt der ja hin).
    Ist das vielleicht was Freimaurerspezifisches, daß nach Jerusalem ausgerichtet wurde?

  4. #4 Kerberos
    28. Mai 2021

    “Setentrio” deutet auf italienischen Einfluß.
    Lateinisch ist das “septemtriones” , die sieben
    Dreschochsen, = großer Wagen.
    https://de.pons.com/%C3%BCbersetzung/latein-deutsch/septemtrionem

  5. #5 davidsch
    utr
    28. Mai 2021

    The first thing that imm. strikes me are the position of the skulls. I think the vertical lines could indicate the 11 letter positions of the cipher alphabet, but you still need a horizontal indicator. Perhaps this helps someone.

  6. #6 Jotemel
    28. Mai 2021

    Ich denke nicht, dass die abgebildete Stadt real ist. Es gibt kein Tor, das hinein/heraus führt. Zudem scheint sie auf Wasser zu treiben. Falls doch, müsste sie der Architektur nach nördlich der Alpen zu suchen sein, nicht in England, wohl auch nicht in Frankreich, eher im deutschsprachigen Raum einschließlich Baltikum. Sieht aus wie eine Darstellung aus dem Ende 16. Jhd/Anfg. 17. Jhd. Der erste Buchstabe auf der Brücke scheint mir eher ein L zu sein als ein S [hilft aber auch nicht weiter:-)]. Nun zum oberen Teil der Karte. Ich denke, dass dies den Tempel Salomos darstellt. Dafür spricht vieles: Die Ost-West Ausrichtung, der 5-fach gestaffelte Eingang, hinten das Allerheiligste von Keruben flankiert, die Bundeslade und die Menora, die links außen gebracht werden. Was mich stört, ist die verkehrte Anordnung. Laut etlicher Überlieferungen war der Eingang im Osten und das Allerheiligste im Westen, aber sicher ist das natürlich nicht.
    Interessant sind auch die Arme mit Schwert und Kelle, die aus dem “Tempel?” ragen. Der Schwertarm gehört zu einem Mann, der Kellenarm wohl eher zu einer Frau. Und dann noch ein Alphabet ohne V, W, J und K.
    Ist mir keines bekannt. Die Zuordnung der Buchstaben zu den Zahlen unten ergibt für mich keinen Sinn. Und wer bringt das jetzt alles zusammen?

  7. #7 Chris
    28. Mai 2021

    There are 24 skulls, probably something with the Alphabet without k/w as “mjw” stated out?
    I thought of something with the height of the banners/flags of the towers within the city. Maybe something like:
    The highest banner/flag is in position 10 then 5, then … to sort out letters.

  8. #8 Gerd
    28. Mai 2021

    I tried to write down the letter pairs according to the numbers below them:

    il
    ux
    cd
    ab

    ab
    ef
    mn
    il
    ab
    mn
    il
    mn

    If you search for reasonable words in that it might say:
    luca beniamin. Does that make any sense?

  9. #9 Gerd
    28. Mai 2021

    Just noticed that the italian city of Lucca, formerly written Luca has numerous towers and churches and an encircling wall having 12 bastions.
    However the towers in real Lucca don’t have pointed roofs as in the drawing we have here.

  10. #10 Norbert
    28. Mai 2021

    Die Stadt scheint mir dem Nürnberg-Stich in der Schedelschen Weltchronik von 1493 nachempfunden.

    Beim Fluss mit den Totenköpfen und dem (vermutlichen) Steinhaufen in der Nähe muss ich an den Sambation denken. Macht meiner Meinung nach absolut Sinn in einer Welt der Freimaurer-Symbolik, aber vielleicht habe ich auch zuviel Eco gelesen …

    “Luca Benjamin” scheint mir sehr plausibel für die Zahlenreihe unten. Vielleicht handelt es sich um den Namen des Künstlers?

  11. #11 Klaus Schmeh
    28. Mai 2021

    @Gerd:
    >If you search for reasonable words
    >in that it might say: luca beniamin.
    Makes sense, though it would be an unusual cipher.

  12. #12 Dirk Enkirch
    Düren, Deutschland
    30. Mai 2021

    Luca Beniamin ist ein Name. Dabei steht Luca für die Stadt Lucca und Beniamin für den heutigen Namen Benjamin. Im Mittelalter gab es noch keine Nachnamen. So hieß man dann Beniamin von/aus Lucca.
    Das auf der Karte oben Osten ist macht auch mit der Ausrichtung nach Jerusalem Sinn.
    Wenn man die 3 Buchstaben auf der Brücke mit der Legende am unteren Rand entschlüsseln mag, kommt die Jahreszahl “LDP 527″ oder ” SDP 927″ heraus.

  13. #13 Norbert
    1. Juni 2021

    Im Mittelalter gab es noch keine Nachnamen

    Kann man so pauschal nicht sagen. Das Mittelalter war lang, und als es zuende war, gab es im Abendland meines Wissens doch überwiegend schon Familiennamen. Und das Dokument stammt aus dem 18. Jahrhundert, das ist dann noch einmal ein paar hundert Jährchen später. Außerdem: warum heißt es, wenn Luca für die Stadt steht, nicht andersherum Beniamino da Luc[c]a? Wir kennen Leonardo da Vinci ja auch nicht als Vinci Leonardo.

    “Luca” würde ich gar nicht mit der abgebildeten Stadt in Verbindung bringen. Es ist ein gängiger italienischer Vorname. Beniamin könnte der Nachname sein, aber auch ein zweiter Vorname, ein Namenszusatz (vielleicht der jüngste von mehreren Geschwistern, das jüngste Logenmitglied etc.), ein Codename, was auch immer. Schwer zu sagen in einem Freimaurer-Kontext.

    Ob der chiffrierte Name allerdings einen inhaltlichen Bezug zum Bild hat, daran zweifle ich inzwischen ein bisschen. Von der Bildkomposition her ist er ein Fremdkörper. Und: es wurde schon geschrieben, dass das Alphabet der Zahlenchiffre kein k und kein w beinhaltet, was (ebenso wie “setentrio” für Norden) auf Italienisch hindeutet. Aber im Bild selbst ist auch eindeutig ein W zu finden. Da passt was nicht zusammen. Vielleicht hat dieses Bild mehrere Urheber? War Luca Beniamin nur einer der Vorbesitzer und hat sich ein originelles, irgendwie passendes Exlibris ausgedacht? Gar auch den Rahmen mit den Himmelsrichtungen ergänzt?

  14. #14 Thomas
    1. Juni 2021

    Auch ich sehe hier keinen Zusammenhang mit der Stadt Lucca. Vielmehr scheint mir der Hintergrund ein englischsprachiger zu sein, denn “WM” ist die Abkürzung für den im Osten (oriens) des Versammlungsraumes sitzenden Vorsitzenden einer Freimaurerloge, der im Englischen den Titel “Worshipful Master” (deutsch “Meister vom Stuhl”) trägt. Hinter “TL” vermute ich den abgekürzten Namen der Loge (“T… Lodge”).

  15. #15 Thomas
    2. Juni 2021

    Hier noch eine Quelle für die Deutung der Abkürzung LDP auf der symbolischen Brücke als “Liberte de passer” (“Freiheit des Übergangs”) und die Totenköpfe: https://books.google.de/books?id=6El4DwAAQBAJ&pg=PT113. Danach soll der Hintergrund der Bericht über den Wiederaufbau des Salomonischen Tempels im Alten Testament sein.

  16. #16 Thomas
    2. Juni 2021

    Aus der biblischen Textquelle, die den Hintergrund für die Fluss-Brücke-Totenkopf-Symbolik bildet, erschließt sich auch der Klartext für die Zahlenchiffre: Juda und Benjamin (Buch Esra 1,5).

  17. #17 Thomas
    2. Juni 2021

    Die Stadt unterhalb des Flusses dürfte dann Jerusalem repräsentieren, wobei die sichtbaren sieben Türme wohl die sieben Tore darstellen sollen.

  18. #18 Gerd
    2. Juni 2021

    @Thomas, thanks for pointing this out. In this context, reading IUDA makes for sense than LUCA for the letter pair cipher.

  19. #19 Thomas
    2. Juni 2021

    Noch ein Nachtrag zu den links und rechts von Händen gehaltenen Gegenständen: Die Maurerkelle und das Schwert sind Insignien des 15. Grades im Schottischen Ritus (15th degree, Knight of the East), wozu auch die LDP-Brücke passt: http://www.stichtingargus.nl/vrijmetselarij/aasr_r15us.html. Zusammen mit der Abkürzung “WM” für den Worshipful Master spricht dies für eine Herkunft aus dem englischsprachigen Raum, womöglich den USA. Unklar sind mir noch die Buchstaben JB und EG. Da das Quadrat um den Altar den Tempel Salomons darstellen dürfte, könnten J und B für die beiden Säulen “Jachin” und “Boas” stehen. Da ich allerdings kein Pendant für E und G finden konnte, steht diese Deutung auf tönernen Füßen. Auch zu diesen Abkürzungen passende Offiziersgrade (jedenfalls in Englisch) scheint es nicht zu geben.

  20. #20 Norbert
    2. Juni 2021

    @Thomas: Gratulation, ein großartiger Fund! Dann bedeutet “JB” im oberen Teil vielleicht auch “Judah & Benjamin”?

    Worshipful Master, liberté de passer und setentrio (italienisiertes Latein): ein ganz schön multilinguales Kunstwerk.

    Ist das Ganze ein Meisterdiplom für den 15. Grad?

  21. #21 Norbert
    2. Juni 2021

    Sorry, hat sich überschnitten. Ich ziehe meinen Vorschlag zurück: Jachin und Boas klingt überzeugender für JB im oberen Bildteil.

  22. #22 Thomas
    2. Juni 2021

    @Norbert

    Danke! Vielleicht war die Zeichnung auch Teil einer Übung oder Prüfung.

    “setentrio” scheint mir eher – passend zu den anderen drei Himmelsrichtungen – ein verunglücktes lateinisches “septentrio” als eine Italianisierung bzw. ein unvollständiges “settentrio” zu sein.

  23. #23 Klaus Schmeh
    2. Juni 2021

    Danke an alle! Damit sind zumindest einige der Rätsel um diese Karte gelöst.

  24. #24 Alexander
    9. Juli 2021

    Der Hinweis von Norbert auf die Schedelsche Weltchronik ist interessant. Der Stil der Stadtabbildung passt exakt zu Schedel (natürlich ist es nicht Nürnberg) und es ist anzunehmen, dass der Ersteller der Karte die Schedelsche Chronik kannte. Ich habe einen Reprint der Chronik zuhause und werde einmal die Stadtansichten überprüfen.

  25. #25 Marin
    27. Februar 2022

    Das ist der Weg der Einweihung und er geht von unten nach oben. Unten ist die materielle Welt, symbolisiert durch die Stadt (eine konkrete Stadt ist es nicht). Um in die geistige Welt zu kommen, muss man zuerst den Fluss über die passende Brücke überqueren (dazu gibt es viele Mythen). Der Übergang ist nicht leicht, denn normalerweise gibt es eine Scheidewand zwischen oben und unten, dazu sind viele Meditationen und andere Übungen notwendig, Dann kommt man zum Tor in die geistige Welt. Der „worshiped master“ ist hier Jesus Christus und über Ihm steht die Trinität. Links und rechts sieht man die Hilfsmittel, die dem Einzuweihenden nach der Vorstellung der alten Freimaurer zur Verfügung beim Aufstieg zu Gott stehen. Mehr kann man nicht erklären, sondern lediglich festhalten, dass die heutige Freimaurerei mit der alten so viel zu tuh hat, wie Elias m‘Barek mit Elias aus dem AT.