Die verschlüsselte Nachricht aus einem Haus in Kalifornien, über die ich vor zwei Wochen gebloggt habe, ist dank der Unterstützung von Cipherbrain-Lesern weitgehend gelöst. Noch sind aber einige Fragen offen.

English version (translated with DeepL)

Zunächst einmal möchte ich etwas Werbung machen. Die HistoCrypt, Europas bedeutendste Konferenz zur Krypto-Geschichte, ist letztes Jahr wegen Corona ausgefallen. Dieses Jahr wird es immerhin eine verkürzte Online-Ausgabe geben. Sie findet am 20. September 2021 statt. Die Teilnahme ist kostenlos.

Als Höhepunkt gibt es um 16 Uhr einen Vortrag mit dem Titel “Solving the Zodiac Killer’s Cipher”, gehalten von Dave Oranchak, Jarl Van Eicke und Sam Blake. Wie schon mehrfach erwähnt, ist das Lösen der zweiten Zodiac-Nachricht nach über 50 Jahren der größte nichtmilitärische Dechiffrier-Erfolg der Geschichte.

Weitere Informationen zur HistoCrypt 2021 gibt es hier.

 

Das Kryptogramm im Keller

Vor zwei Wochen habe ich über eine Geschichte gebloggt, die mir Robert Simpson, der Bibliothekar des NSA-Museums in der Nähe von Washington, vermittelt hat. Die Anfrage stammte von Mike Rosinky und dessen Cousin Scott Gelotti. Die beiden berichteten von einem Haus an der Küste im mittleren Kalifornien, das 1984 gebaut wurde. Scott Gelotti lebt dort seit 2016. Irgendwann fiel ihm auf, dass sich im Keller ein verschlüsselter Text an der Wand befindet:

Quelle/Source: Gelotti

Scott ist sich ziemlich sicher, dass dieses Kryptogramm entstanden ist, bevor er das Haus gekauft hat. Es muss also älter als fünf Jahre sein. Links neben der Nachricht sieht man Schrauben in der Wand. Vermutlich hing dort ein Bild oder etwas Ähnliches, und der Verfasser schrieb den Text um dieses herum.

 

Auf dem Weg zur Lösung

Die verschlüsselte Nachricht besteht aus 91 Buchstaben. Insgesamt sieht die Sache nach einer einfachen Buchstaben-Ersetzung aus. Leider ist die Schrift an einigen Stellen etwas undeutlich. Dafür sind die Wort-Zwischenräume meist gut erkennbar.

Dem Blog-Leser Geoffrey Caveney aus New York City fiel folgendes auf:

  • Das “>” ist mit 12 Vorkommnissen der häufigste Buchstabe. Falls es sich um einen englischen Text handelt, könnte dieses Zeichen für das E stehen.
  • Das “·” kommt zehn Mal vor, das “x” neun Mal. Diese Zeichen könnten im Englischen die Buchstaben T, A, O oder N darstellen.
  • Einige andere Buchstaben sind vier bis sechs Mal vertreten.

Insgesamt passen diese Beobachtungen gut zu einem englischen Text. Seltsam wirkt jedoch das Drei-Buchstaben-Wort, das mit “>.” beginnt, und zweimal vorkommt. Dieser Begriff müsste also ET?, EA?, EO? oder EN* lauten. Das passt zwar zu einigen englischen Wörtern, aber nicht zu einem besonders häufigen.

Der Cipherbrain-Leser mjw vermutete, dass einige der Wörter im Geheimtext für Zahlen stehen. Die vorletzte Zeile las er als EIGHT TWENT THIS MONTH. Wenn das stimmte, war das Rätsel beinahe gelöst.

 

Die Lösung

Gestern informierte mich Scott Gelotti, dass er die Lösung gefunden hatte. Mithilfe der Kommentare von Geoffrey und mjw, die sich als richtig erwiesen, war er auf die richtige Spur gekommen. Ein Freund namens Jeff hatte ihm geholfen. Wie sich zeigte, stehen einige der Symbole für Buchstabenpaare:

  • Das “>” mit einem Apostroph steht für EE.
  • Das “*” steht für TH.
  • Das “i” steht für IM.

So ergab sich folgende Entschlüsselung:

Hier ist eine Transkription des Klartexts:

I’M HERE
EIGHT SEVEN THROUGH EIGHT FIFTEEN
TWENTY TEN
TIME SLIP DEVICE
MALFUNCTION NEED
RETRIEVAL
WIL ON ????
EIGHT TWENTY THIS MONTH
IDN SAHARA

 

Offene Fragen

Zwei Fragen bleiben noch offen. Zum einen ist die drittletzte Zeile noch nicht vollständig entschlüsselt.

Und zum anderen frage ich mich, was dieser Text bedeuten soll. Laut Scott liest sich diese Botschaft wie die Notiz eines Zeitreisenden. Dieser ist wohl im Jahr 2010 gelandet und notiert, dass seine Zeitmaschine defekt ist und er Hilfe braucht. Dass sich hier tatsächlich ein Zeitreisender verewigt hat, ist natürlich eher unwahrscheinlich. Es kann aber durchaus sein, dass der Verfasser der Zeilen ein Witzbold war, der diesen Anschein erwecken wollte. Oder ist dies eine Anspielung auf ein Science-Fiction-Werk, das ich nicht kenne?

Kann ein Leser dazu beitragen, diese letzten Fragen zu klären?


Further reading: An unsolved encrypted inscription on a medieval sword

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Kommentare (3)

  1. #1 Klaus Schmeh
    2. September 2021

    Mike Rosinsky via Facebook:
    Here is a guess on the letter translation. Still don’t know the underlined letters.

  2. #2 Klaus Schmeh
    2. September 2021

    Mike Rosinsky via email:
    We have one more update….to kind of solve the one line.

    We would LIKE to believe it says: Will be at portal

    That said, two letters are screwed up. The O translates to ON for malfunction….so why would it be ‘B’ the line below. Also, the R looks like an English alphabet R….was it a mistake or is it another symbol?

    So, the entire message would be:

    I’m here
    Eight Seven through Eight Fifteen
    Twenty ten
    Time Slip device
    malfunction need
    retrievel
    Will be at portal
    eight twenty this month

    I guess the next step is to look for the portal at Scott’s house…=)

  3. #3 Geoffrey Caveney
    New York City
    2. September 2021

    Congratulations to Scott Gelotti! Excellent work. I am glad that my observations as well as mjw’s were helpful.

    I have a suggested correction to the proposed solution: The fifth line may actually be “MALFUNCTIONED” rather than “MALFUNCTION NEED”.