Im italienischen Marina di Pisa gibt es eine 280 Meter lange Inschrift. Ein Teil davon ist lesbar, der Rest ist möglicherweise verschlüsselt. Können meine Leser dieses Rätsel lösen?

English version (translated with DeepL)

Über meinen Ausflug nach Pisa letzte Woche habe ich bereits berichtet. Vermutlich waren mein Freund Paolo Bonavoglia und ich die einzigen Touristen, die diese Stadt nicht des Schiefen Turms wegen besucht haben, sondern wegen dreier verschlüsselter Inschriften. Dank der Hinweise meiner Leser ist uns nun auch klar, was diese Kryptogramme aus dem Mittelalter bedeuten.

Am Tag danach – Paolo war inzwischen abgereist – verbrachte ich noch ein paar Stunden im Vorort Marina di Pisa, wo man an diesem Tag ein stürmisches Meer beobachten konnte. Zu meiner großen Überraschung entdeckte ich auch dort eine (möglicherweise) verschlüsselte Inschrift.

Quelle/Source: Schmeh

Diese Inschrift werde ich von nun an als Marina-di-Pisa-Kryptogramm bezeichnen. Sie ist länger als alle anderen mir bekannten verschlüsselten Inschriften zusammen. Und sie wird meines Wissens in keiner Literaturquelle erwähnt. Die Lösung (falls es eine gibt) ist mir nicht bekannt. Natürlich habe ich das Marina-di-Pisa-Kryptogramm in den Cryptologic Travel Guide aufgenommen.

 

Die Inschrift auf dem Boden

Die fragliche Inschrift befindet sich auf dem Boden einer Strandpromenade am Yachthafen von Marina di Pisa. Auf Google Maps kann man erkennen, dass die Buchstabenfolge etwa 280 Meter lang ist.

Quelle/Source: Schmeh

Ein Teil der Inschrift ist im Klartext verfasst. Dieser bezieht sich auf den Dichter Gabriele D’Annunzio (1863-1938), der in Marina di Pisa wirkte und hier sein Gedicht “La pioggia nel pineto” verfasste.

Quelle/Source: Schmeh

Allerdings macht dieser Klartext (grob geschätzt) nur etwa die Hälfte der Strecke aus. Der Rest besteht aus Buchstabenfolgen ohne erkennbaren Sinn. Hier ist ein Auszug:

Quelle/Source: Schmeh

Neben Buchstaben tauchen im Marina-di-Pisa-Kryptogramm auch Zahlen, Punkte und Fragezeichen auf.

Quelle/Source: Schmeh

 

Das Video

Das folgende Video zeigt die gesamte Inschrift:

 

Was steckt dahinter?

Handelt es sich beim Marina-di-Pisa-Kryptogramm um eine verschlüsselte Botschaft? Oder hat der Pflasterer hier lediglich einen Buchstabenstein ohne Plan an den anderen gereiht? Ich weiß es nicht.

Mir ist bisher keine Quelle bekannt, die diese Inschrift erwähnt. Demnach gibt es bisher keine Transkription. Auch den genauen Inhalt des Klartexts kenne ich bisher nicht.

Kann ein Leser mehr zu diesem Rätsel sagen?


Further reading: Wer löst die Inschrift auf dem Kryptologen-Denkmal?

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Kommentare (10)

  1. #1 Holger Gruber
    Stuttgart
    14. November 2021

    X und Y stehen im Lateinischen Alphabet nicht umsonst ganz am Ende, weil sie nämlich im Latein und damit auch Italienischen nur selten vorkommen. Da beide Buchstaben im Zeichensalat-Anteil der Inschrift merklich vorhanden sind, “riecht” die Sache schon eher nach einem Kryptogramm, als nach dem Werk eines planlosen Pflasterers.
    Wenn Du Pech hast, ist die Verschlüsselung nicht vollständig lösbar, weil die Steine später zumindest teilweise wieder aufgenommen und anschließend neu verlegt wurden. Siehe die auf dem Kopf stehenden Ziffern bei Minute 1:25.

  2. #2 Thomas
    14. November 2021

    Bei dem Klartextteil handelt es sich um D’Annunzios Gedicht “La Tenzone”: https://www.poesiedautore.it/gabriele-d-annunzio/la-tenzone

  3. #3 Klaus Schmeh
    14. November 2021

    >D’Annunzios Gedicht “La Tenzone”:
    Danke für den Hinweis. Ich dachte erst, das Gedicht “La pioggia nel pineto” sei hier verewigt, aber dieses konnte ich auf den ersten Blick nicht finden.

  4. #4 EDW
    14. November 2021

    Wenn ich den Anfang der Inschrift richtig verstehe, wurde sie im Jahr 2013 gemacht.

  5. #5 Thomas
    15. November 2021

    Das Datum am Anfang ist der Tag, an dem der Hafen von Marina di Pisa eröffnet wurde (30. Juni 2013). Dies war offenbar der Anlass für den “gepflasterten” Text.

    Am Ende steht das Datum, an dem D’Dannunzio das Gedicht “La Tenzone” in Marina di Pisa geschrieben haben soll (5. Juni 1899).

  6. #6 schorsch
    15. November 2021

    Es kommen insg. 39, 40 oder 41 verschiedene Zeichen vor, nämlich die Ziffern 1-9, alle Buchstaben des Alphabets und die Satzzeichen Ausrufezeichen, Fragezeichen, Apostroph, Komma und Punkt. Möglicherweise handelt es sich bei dem Apostroph aber um ein auf dem Kopf stehendes Komma. Ein Zeichen taucht häufiger auf, welches ich als I gelesen habe, das möglicherweise aber ein Leerzeichen darstellt.

    Zwei Zeichen habe ich nicht lesen können, diese habe ich als Hash (#) notiert

    Der Text ist in drei Teile geteilt, in einen verschlüsselten Teil von 756 Zeichen (am Schluss unterbrochen durch einen Kanaldeckel), ein Gedicht im Klartext und einen anschließenden, wieder verschlüsselten Epilog von 121 Zeichen.

    Die Zeichenhäufigkeit:
    ! 3
    ‘ 1
    , 1
    . 7
    ? 25
    1 10
    2 23
    3 27
    4 26
    5 20
    6 28
    7 23
    8 20
    9 16
    A 16
    B 30
    C 4
    D 19
    E 29
    F 39
    G 34
    H 14
    I 27
    J 23
    K 19
    L 13
    M 30
    N 10
    O 48
    P 36
    Q 22
    R 8
    S 20
    T 10
    U 66
    V 40
    W 29
    X 26
    Y 21

    Transcript (die Zeilennänge von je 30 Zeichen ist willkürlich gewählt:
    WIOPI?TSALAVTRLOMEREREOEXAEZL7
    DQGA6BUYXOPWVUBZS7OU8WYFW28PZ8
    XD6YSZ3GPW4YOY5G6UBUUXBQJOEZOU
    ZUTEQFVT#9ROWOZEPS7#4ZOSEDUVGT
    EBV37GFXUXU7X2UKGZ9B3FVUV3?LF6
    G4J6OEO4VQPBPQP1OQ’Q2UVX62OSPJ
    6?6JSXUUP5EGPU3UFJ3YZP5Y173UPP
    2E4UFGUGOH61SFMOE2HFX6QGJ8OEZQ
    BJM862GMVXDFMXMZ5MM4K3BMOBVZ75
    KEOKPM3WEO4U87EK6BK7E22KYED34U
    BUGU4QFUM743BVPVFOMVXOWNWDXMVU
    DQP19G7PVHGWU?YUVBVW9UZY4V3JGH
    G38YZK6WZ?Z94FFBUY5J98O.KDYM4F
    8VKYDUWMOIBIZJXZOUP25OB7VBD?2G
    1OMVXBMU9ZN3K95BF5NDM5PFZ8HDU1
    QB1NPMQMUPGUWGP67SFJ657N6OUMO9
    8FVG.R8C!ND2Q?7KFI2HP8HBFB3SJI
    2GX4?U53DU8OU.4VH4O4PI6R2PDIZM
    SQUWGDWFVG8347PQ76431WBUX6U582
    ZKUFUPE5VZUHUOOY6714845F6GSZDJ
    IS62SF2U?MFG7W5ESUBL3V4XBQOUSV
    EO!VJU!3U?GVKP5Y?SOP632?5VOBUS
    XZOEVHOPMOGQ3MH?MU?V2LEIVODAFA
    AZX6AZ99U3FJWAOW?UJLWAPUUSZFUP
    UPPUAA9AU3UBXROOUG9XF89ZFVAD9G
    4MQ7GV

    (Kanaldeckel)

    ZL?5XGLV?QFGFWYVX8OOFG?VZY7Z

    (Gedicht)

    LINEAJITNI.EOEEICN,VACIL.IIK2Z
    W.YJW2JBKX3HWZBPWYZHWZYZW7ZN?I
    KLCZ4??T?6IT.?Q?ILT6IW1MKF?M3I
    2TRF6H68IJQJ3S5IJ4IF4I7IKFUFMJ

  7. #7 Klaus Schmeh
    15. November 2021

    @Schorsch: Vielen Dank, diese Transkription ist sehr hilfreich.

  8. #8 TWO
    15. November 2021

    @6

    What a strange Ceasar you have there

  9. #9 David Vierra
    8. September 2022

    I think this is more likely to be “random” letter placement by the roadworker than a cryptogram, for two reasons.

    First, there are a lot of letters, numbers, and symbols that are placed incorrectly. Early in the video, we see a “Q” that has been rotated by 90 degrees, and also an “N” rotated by 90 degrees that looks like a “Z”. Later, we see “Z” rotated to look like “N”. An upside-down “W” that looks like “M”. An upside-down “V”. Several upside-down digits. Near the end, lots of upside-down punctuation. None of these oddities are reflected in the transcription by @schorsch (which I did use for the statistical test, so thank you!)

    Second, I have the result of the cryptographic “Kappa” test described by Friedman. Essentially, this test counts how many letters repeat at each distance. A letter A repeating like “AA” would be distance #1, “ABA” would be distance #2, “ABBA” #3, and so on. Friedman used the test to compare the counts against the expected result for uniformly random text or for telegraphic text, but I can do something else: I will instead compare against random text drawn from the distribution of letters in the inscription.

    The count of repeated letters at each distance from 1-20:

    13, 39, 38, 31, 37,
    39, 36, 36, 35, 33,
    18, 31, 26, 26, 33,
    31, 23, 37, 22, 27

    Computing the Index of Coincidence gives the chance of randomly drawing two of the same letter from the given text: 3.5033%. Multiplying by the length of the text (756), we approximate the expected number of repeated letters at each distance as 26.

    Nine of the first ten distances have up to 50% more repeats than expected by chance, except for the first distance (“AA” repeats) which has only half as many.

    I can imagine a roadworker, after paving the poem and other readable text, moving stacks of unused tiles to the unpaved portions and then preferring to take “random” tiles from a nearby stack instead of a more distant one… all while trying to avoid laying too many double or triple letters because they might give away his method.

  10. #10 Klaus Schmeh
    8. September 2022

    @David Vierra:
    Thanks for this analysis.