Der Künstler Guy de Cointet (1934–1983) hat in seinen Werken zahlreiche verschlüsselte Botschaften verarbeitet. Viele davon sind noch ungelöst.

English version (translated with DeepL)

Auf Cipherbrain habe ich bereits mehrfach über den Künstler Guy de Cointet (1934–1983) berichtet.

Quelle/Source: Wikimedia Commons

De Cointet wurde in Paris geboren und wanderte 1966 in die USA aus. Er lebte in New York und Los Angeles, wo nahezu alle seine Werke entstanden.

Weitere Informationen über de Cointet findet man in seinem (englischsprachigen) Wikipedia-Eintrag. In die deutschsprachige Wikipedia hat er es bisher nicht geschafft. Der französische Artikel besteht nur aus zwei Zeilen und zahlreichen Verweisen. Guy de Cointet hat auch eine Webseite. Wer sie betreibt, ist mir nicht bekannt.

Leider konnte ich bisher nicht herausfinden, warum de Cointet nur 49 Jahre alt geworden ist.

 

De Cointets Interesse an Verschlüsselungen

Allem Anschein nach hatte Guy de Cointet eine Vorliebe für verschlüsselte Botschaften. Dennoch wird er in der Literatur zur Krypto-Geschichte nirgendwo erwähnt. Ich hoffe, dass dieser Artikel diesen Künstler in der Krypto-Szene etwas bekannter machen wird.

Schon auf de Cointets Webseite wird man mit einem Buchstaben-Gewirr begrüßt. Leider habe ich weder dort noch auf Wikipedia irgendwelche Informationen zur Krypto-Leidenschaft des Künstlers gefunden. Mir ist daher nicht klar, wie de Cointet zur Kryptografie gekommen ist und in welcher Weise er sich damit beschäftigte.

Auf Cipherbrain habe ich bisher nur über ein Werk de Cointets berichtet: das Buch “A Captain from Portugal?”. Dieses besteht ausschließlich aus mutmaßlich verschlüsselten Botschaften. Bereits die Titelseite ist verschlüsselt:

Quelle/Source: Reddit

Die hier gezeigte Polygonschrift wird auch innerhalb des Buchs an vielen Stellen verwendet. Blog-Leser Armin Krauß hat sie gelöst. Hier ist die Ersetzungstabelle:

Damit lässt sich die Titelseite des Buchs wie folgt entschlüsseln:

A CAPTAIN FROM PORTUGAL?

Auch einige andere Verschlüsselungen aus diesem Buch wurden von meinen Lesern gelöst.

 

Zwei ungelöste Kryptogramme

Es gibt aber auch noch ungelöste Passagen in “A Captain from Portugal?”. Beispielsweise diese:

Quelle/Source: Reddit

Kann ein Leser diese Notenchiffre lösen?

Auch das folgende Kryptogramm gibt noch Rätsel auf:

Quelle/Source: Reddit

Kann ein Leser diese Botschaft lösen?

 

Weitere Werke

Eine Suche auf Google Images zeigt, dass Guy de Cointet noch zahlreiche weitere Bilder geschaffen hat, die möglicherweise verschlüsselte Botschaften zeigen. Das folgende Beispiel mit dem Titel “Halved Painting” befindet sich in Besitz des Museum of Contemporary Art (MOCA) in Los Angeles:

Quelle/Source: MOCA

Auch das folgende Bild, das in der Greene Naftali Gallery in New York hängt, könnte entschlüsselbar sein:

Quelle/Source: MOCA

Kann ein Leser diese beiden Kryptogramme dechiffrieren?

Die beiden genannten Gallerien in Los Angeles und New York habe ich in den Cryptologic Travel Guide aufgenommen, den ich zusammen mit Blog-Leser Christian Baumann geschaffen habe.

 

Weitere Werke

Es gibt zahlreiche weitere Bilder von de Cointet, die aus Buchstaben, Zahlen oder Symbolen bestehen. Vermutlich sind nicht alle entschlüsselbar.

Nach wie vor ist mir nicht klar, ob Guy de Cointet etwas mit dem Cylob-Kryptogramm zu tun hat. Dabei handelt es sich um ein Buch, dessen Inhalt lediglich aus Symbolen besteht. Nach Lage der Dinge könnte es von Cointet selbst stammen oder von diesem inspiriert worden sein. Andererseits können die Ähnlichkeiten auch Zufall sein.

Über weitere Hinweise zu Guy de Cointet, dessen offensichtliches Interesse an der Kryptografie und seine verschlüsselten Bilder würde ich mich freuen.


Further reading: Guy de Cointets Pigpen-Verschlüsselung gelöst

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Kommentare (19)

  1. #1 Norbert
    28. November 2021

    Das zweite “ungelöste” Kryptogramm (das unter der Notenchiffre) ist seit ziemlich genau einem Jahr vollständig gelöst, von ShadowWolf und Matthew Brown (siehe hier).

    Die Quelle für den etwas seltsam anmutenden Klartext hat Rossignol gefunden (siehe hier).

  2. #2 Klaus Schmeh
    28. November 2021

    @Norbert: Dake für den Hinweis, das habe ich übersehen.

  3. #3 Norbert
    28. November 2021

    Bei der Musikchiffre ist es schwer zu entscheiden, was man als ein einzelnes Geheimsymbol interpretieren soll. Eine Möglichkeit (von vielen) wäre, sowohl einzeln stehende Noten als auch Notenpaare, die durch einen sogenannten Balken verbunden sind, jeweils als Geheimsymbole zu betrachten.

    In diesem Falle könnte man so transkribieren (Taktstriche innerhalb einer Notenzeile durch Leerzeichen angedeutet):

    ABC DDEFDGHIJ
    EHGI KC LJDFC
    LKMELCNhIDLEI
    OPC hK QC NQE RS
    ABC EK

    Wobei die ersten beiden Vorkommen von H und die restlichen beiden graphisch verschieden sind, daher habe ich “H” und “h” verwendet.

    Macht 18 oder 19 verschiedene Zeichen, was für einen so kurzen Text in vermutlich englischer Sprache nicht ungewöhnlich wäre.

    Es könnte aber alles auch anders interpretiert werden. Spielt es z. B. eine Rolle, ob der Notenhals rechts oder links am Notenkopf angebracht ist? Auch die Funktion der Taktstriche ist unsicher. Sie könnten Buchstaben, Worttrenner oder einfach bedeutungslos sein.

  4. #4 Jan
    29. November 2021

    @Norbert
    Es hängt vermutlich davon ab, ob Cointet wirklich Noten schreiben konnte. Jedenfalls existieren einige der Notensymbole so nicht. Nach oben stehende Hälse sind nach rechts bündig, nach unten stehende Hälse links bündig. Außerdem gibt es auch keine gebundenen halben Noten. Auch die Taktstriche machen nicht wirklich musikalisch Sinn. Wenn wir also davon ausgehen, dass er wirklich Noten lesen beziehungsweise schreiben konnte, dann haben diese Abweichung bestimmt eine Bedeutung.

  5. #5 Doc Cool
    29. November 2021

    Hab mich noch ein wenig mit der hexagonal-Schrift befasst und auch ein “X” gefunden. Fehlt nur noch das “J”.

    Außerdem habe ich einen Dekoder-Tool geschrieben, mit dem man weitere Texte einfacher dekodieren kann, indem man nur die Geheimzeichen nacheinander anklickt. Naja, trotzdem noch eine Heidenarbeit. Aber immer noch besser als ohne Tool. Das Tool findet sich auf https://kryptografie.de/kryptografie/chiffre/cointet.htm unten auf der Seite. Dort findet sich auch das Symbol für “X”.

  6. #6 Armin Krauß
    29. November 2021

    @Doc Cool: Das komplette Alphabet findest Du auf Cointets Seite mit dem Geheimtext in Dreiecksform (siehe auch die Kommentare #3 hier und #17 hier). “J” ist das erste Symbol in Zeile 4.

  7. #7 Klaus Schmeh
    29. November 2021

    @Doc Cool:
    >Dekoder-Tool geschrieben
    Vielen Dank! Auf deiner Webseite gibt es ja noch einige andere Dinge zu entdecken.

  8. #8 Norbert
    29. November 2021

    @Doc Cool: Das Tool ist großartig, Hut ab vor dieser Arbeit!
    Ich denke, ich habe das J gefunden.

    Kurz zur Nomenklatur: Die Kanten des Sechsecks von oben im Uhrzeigersinn von 1 bis 6 durchnummeriert, würde ich für A “14” schreiben, für B “13” etc.

    Auf der Seite vor der Musikchiffre habe ich in den letzten fünf Zeilen zwei unbekannte Symbole entdeckt und diese Zeilen mithilfe deines Tools übersetzt. Mit der Annahme, dass “234” für J steht und “3” für ein Komma (was du auch in dein Tool übernehmen könntest), erhalten wir

     TWO POLES.NOW,THE SETT
    JOH TVO PO UIF IPSJAPO,
    XIFSF UIFSF XBTO'U UIF 
    RKHFGSDRS GHMS NE GZYD,
    ZTFTQDC NMD NE SGNRD AD

    Damit wäre das J eindeutig belegt, oder? 😉
    Nun ja, de Cointet hat sich hier offensichtlich auch noch den Scherz erlaubt, zwei Zeilen mit Cäsar +1 und weitere zwei mit Cäsar -1 zu überschlüsseln. Klartext also:

     TWO POLES.NOW,THE SETT
    ING SUN ON THE HORIZON,
    WHERE THERE WASN'T THE 
    SLIGHTEST HINT OF HAZE,
    AUGURED ONE OF THOSE BE

  9. #9 Klaus Schmeh
    29. November 2021

    Hier ist eine Transkription des Cointet-Bilds aus der New Yorker Gallerie:
    _FHETOM...AGUX JY
    ZAWR,SPLONV_DEHTQ
    UNIKMBA_HESUR_OCE
    IR.UE_DHAN_WENUD,
    AVSROLEM?
    _CEGINABFOW,EEPHN
    ISRA_TITUMELLOR_X
    EJYNWHOS_L_DUPSEG
    VAZAC_EQOMMEHL.EQ
    OMMEHL!FHETO...BU
    R_KIIX_67_DAGZOR
    SEVU_AWUNNEF_PEYN
    IW,RODH_L_NCAIFEV
    _SHUZRYVNAW_SOEDU
    LTN_IXW,GEJUSL_TI
    CAEDAN_IBOLER,PHA

  10. #10 doc
    29. November 2021

    @Armin Krauß: Danke für den Hinweis und das “J”. Das Dreieck war mir doch glatt durchgegangen. Dann ist das Alphabet ja jetzt komplett 🙂

    @Norbert: Betr. “3” für ein Komma. Danke für das Komma (und auch für das J). Habs mit aufgenommen. Und Danke für das Lob 🙂

    @Klaus: Danke für das Lob 🙂 Ja, da gibt es viel zu entdecken…

  11. #11 ShadowWolf
    The 12x12 squares
    30. November 2021

    Below is the transcript and solution.

    There is a couple problems. I’m not sure that “zebranthe” is correct as the N symbol is different and I’m not even sure that it is a word. I’m assuming it is just an error in the ciphertext and the word is a literary construct. Otherwise it seems to fit the context and the rest of the solution. A similar problem for “elevations” has an odd symbol for the V and may be a ciphertext error. I made a slight error with the initial transcription and the X is kind of out of place.

    The 5th symbol in the first row is a (space) or word division marker.

    This thing gives hill climbers fits and the best automated solution was about 80% correct. It was enough to see the word divisions which I suspected as I transcribed it. It was fixed and completed by hand. I could include the key, but other than the word divisions it is a basic MASC with an IC of 0.0665.

    Note that this has the actual word divisions. You need to count the spaces for the text count to match the symbol count.
    ABCD FGHIJ KL MBNODHPGPBKH BH PQD RDFSGTPQD SBINDI DADXGPBKHJ LKSODI
    KH PQD JQDAA KL PQD GSNKHGUP GHI KH PQD NBGHP VGVPUJ KL PQD WDJP MSDJDHP FB

    live bands of pigmentation in the zebranthe ridged elevations formed on the shell of the argonaut and on the giant cactus of the west present bi

  12. #12 Thomas
    30. November 2021

    Nach den Buchstabenhäufigkeiten auf dem Bild in der Greene Naftali Gallery in N.Y. zu urteilen hat er hier eine Transpositionschiffre verwendet (allenfalls das T kommt etwas selten vor).

  13. #13 Matthew Brown
    30. November 2021

    This paper https://dumas.ccsd.cnrs.fr/dumas-01691835/document says the music cipher is encoded using a system from Secret Writing by Henry Lysing, does anyone have a copy?

  14. #14 Norbert
    30. November 2021

    @Thomas: Ja, aber die Wortwiederholungen von FHETO(M) und EQOMMEHL sprechen wieder gegen eine übliche Form der Transposition und für eine Substitution – ein Ansatz, mit dem man aber auch nicht weiterkommt. Ich halte es für gut möglich, dass Cointet ganz bewusst die Buchstabenhäufigkeiten so gewählt und die Vokale größtenteils “sinnvoll” verteilt, aber trotzdem keinen echten Klartext zugrunde gelegt hat. Das kann man allerdings nicht beweisen – daher bleibe ich gespannt, ob jemand diesen Text entschlüsseln kann!

    Ich sehe außerdem mögliche Anspielungen. Wenn ich etwa DUPSEG VAZAC lese, muss ich unwillkürlich an Alexander Dubček und Václav Havel denken. Im Entstehungsjahr 1974 war der Prager Frühling noch nicht so lange her, so gesehen würde das passen, aber das ist wahrscheinlich nur meine persönliche Assoziation.

    Zum Bild darüber, “At Sunrise a Cry Was Heard or The Halved Painting” aus demselben Jahr, findet sich hier (Absatz Nr. 11) einiges Interessantes zu lesen. Das Bild war Teil einer Performance. Zitat aus der Website:

    However, here it can also be assumed that the composition itself is not based on any specific code—for documentary photographs show that at least three separate versions of the painting with different letter combinations were used for the various stagings of this work. The painting apparently served as a representation of a cryptogram, but not of a specific one.

    Wieder: Beweisen tut das nichts. Cointet könnte dreimal verschiedene Texte auf dieselbe oder sogar unterschiedliche Weise verschlüsselt haben. Aber im Gegensatz zu “A Captain from Portugal” scheint ihm das Nicht-Entschlüsseln-Können – zumindest als Zuschauer während einer Performance – ein wesentlicher Teil des Wirkung seines Kunstwerks zu sein.

    Siehe auch Absatz Nr. 7 und Fig. 2 in der o. a. Quelle. Hier geht’s um die Performance “La très brillante artiste HUZO LUMNST présente son nouveau travail CIZEGHOH TUR NDJMB” von 1973.

    Die Performancekünstlerin: “Ah! See! Look over there! Don’t you see? See what?” (…) “Yes, a night rainbow!” Was das Publikum derweil tatsächlich sieht:

    EO MLTLA?
      FHUR YTDOO!

    ZENNAEX UL TCAV?
      OA!
     

    UUL ERBNYN?
      MAH,FELERED XY.

    ABTOR?
      LEDUZEH.

  15. #15 Norbert
    1. Dezember 2021

    @Matthew: I found a copy of Henry Lysing (alias John. L. Nanovic), Secret Writing at a local library. According to the table on p. 42, the music cipher decodes to

    VMK PPYXPEFZL
    YFEZ QK JLPXK
    JQSYJKTAYPJYZ
    CWK AQ GK TGY OU
    VMK YQ

    (Actually, the first symbol on the 4th line is not in the alphabet. “C” is closest, but has both notes above the top line of the staff instead of on it.)

    In Lysing’s example, barlines have been used to divide words. The code, he claims, “has been used by spies for many years.” Well, if you can believe it…

    Anyway, it looks like this decoding is not the end of the story. The legend of the cipher reads: “One of the papers Lorna Laura Maria de Tarquino wanted to see.” Maybe we need to read the text in the hexagonal cipher in its entirety first?

  16. #16 Klaus Schmeh
    1. Dezember 2021

    @ShadowWolf
    >Below is the transcript and solution.
    Thanks. Sorry for not mentioning that you and Matthew Brown already posted the solution last year.

  17. #17 YeS
    8. Dezember 2021

    I get this when I decrypt the ciphertext posted by Norbert in #15 as Vigenere with the key CFGH:

    THE INTRICATE
    WAYS OF DENSE
    CONSCIOURNESS
    ARE TO BE MET IN
    THE RO

  18. #18 Norbert
    10. Dezember 2021

    @YeS: Good job, congrats!
    (Seems that I misread a Z as a Y.)

  19. #19 Matthew Brown
    10. Dezember 2021

    @YeS Fantastic, well done!

    I found something interesting on the page after the music cipher, if you decrypt the hexagonal symbols you get the following;

    “ALK ROF FOLO FOLO KA R
    EJO.””KA ETO ALK ALK EX
    AT VODO AG ALTA.””FE RE
    MA “”EF BATA ALK MOK MO
    K AGRO,ALK ALK EF RAJO.
    EXCEPT FOR OUR FRIENDS
    THERE IS NOBODY AROUND.
    “”AT LAST?””SHOW ME THE
    PAPERS.BY THE WAY I DI
    SCOVERED EIGHT VARIETIE
    S OF ANTELOPE WITH WHIC
    H I WAS PREVIOUSLY TOTA
    LLY UNACQUAINTED AND MA
    NY NEW SPECIES OF PLANT

    The nonsense language at the start also comes from the Henry Lysing book. He briefly demonstrates how an invented language could be used for secret correspondence. It roughly translates as;

    “i brought papers he need.”
    “he will see us this night more one.”
    “yes late ”
    “don’t tell me words most, we not need.