Eine verschlüsselte Zeitungsanzeige, die 1889 von einem Quacksalber in Colorado veröffentlicht wurde, ist nach wie vor ungelöst. Dank meiner Leser kann ich heute zumindest neue Informationen über den Verfasser dieses Kryptogramms liefern.
English version (translated with DeepL)
Wer sich für verschlüsselte Zeitungsanzeigen interessiert, sollte sich schon einmal den 17. Juli 2022 vormerken. An diesem Tag werde ich um 18 Uhr im ICCH-Forum einen Online-Vortrag zu diesem Thema halten. Meine Ko-Referenten sind Elonka Dunin und der US-Bestseller-Autor A.J. Jacobs.
Ein paar Tage später wird es diese Präsentation als Präsenz-Vortrag bei der Hacker-Konferenz HOPE in New York geben. Voraussichtlich werde ich selbst nicht dabei sein, da eine Reise nach New York nur für einen Vortrag etwas zu aufwendig wäre. Doch ich bin sicher, dass Elonka und A.J. das auch ohne mich hinbekommen.
Wer Cipherbrain regelmäßig liest, weiß, dass ich in den letzten Wochen mehrfach über verschlüsselte Zeitungsanzeigen aus Frankreich gebloggt habe und dass Blog-Leser Didier Müller dazu sogar eine eigene Webseite aufgesetzt hat. Natürlich wird das im Vortrag eine Rolle spielen. Darüber hinaus werden wir ein paar andere spannende Geschichten zum Thema vorstellen, die teilweise noch nie öffentlich präsentiert wurden.
Gun Wa
Im besagten Vortrag wollen wir auch die bisher einzige verschlüsselte Zeitungsanzeige aus den USA vorstellen, die mir bekannt ist. Cipherbrain-Leser Thomas Bosbach hat mich im Dezember darauf aufmerksam gemacht, dass diese auf Reddit diskutiert wird. Ich habe darüber gebloggt, doch leider konnte keiner meiner Leser das Rätsel lösen.
Die fragliche Anzeige ist am 23. Juli 1889 in der “Denver Times” erschienen:
Die unter der Nachricht genannte Adresse bezieht sich auf eine US-Firma namens Gun Wa. Diese verkaufte im späten 19. Jahrhundert zweifelhafte Heilmittel, die angeblich aus China stammten und von einem chinesischen Professor namens Gun Wa entwickelt wurden.
Auf einer Webseite, die Thomas gefunden hat, sind ein paar Flaschen abgebildet, in denen Gun Wa seine Mittelchen verkaufte.
Wie man beispielsweise in dieser Arbeit nachlesen kann, war Gun Wa nicht mehr als ein geschickt eingefädelter Schwindel. Der besagte chinesische Professor existierte nicht, und die Medizin war wirkungslos.
Immerhin war der Betrug gut organisiert: Es gab mehrere Personen, die in unterschiedlichen Regionen der USA Gun-Wa-Firmen gründeten und die Wundermittel verkauften. Die folgende Werbeanzeige (sie enthält keine Verschlüsselung) stammt beispielsweise aus dem “Indianapolis Journal” vom 14. Januar 1890:
William Hale
Die verschlüsselte Anzeige aus der “Denver Times” stammt von der Gun-Wa-Firma in Colorado, die von 1888 bis 1894 existierte. Der dortige Gun-Wa-Repräsentant war ein irischer Einwanderer namens William Hale. Dieser gab sich teilweise selbst als chinesischer Professor Gun Wa aus, wobei er aus nach nachvollziehbaren Gründen einen zu engen Kontakt zu seinen Kunden vermied.
Hale wurde zweimal verhaftet und floh zwischendurch in seine Heimat. Nach seiner zweiten Verhaftung wurde er wegen Postbetrugs und der Verbeitung von Pornografie (was immer das damas bedeutete) zu einer 18-monatigen Gefängnisstrafe verurteilt. Nach meinen Informationen ergibt sich folgender Zeitplan (Korrekturen nehme ich gerne entgegen):
- 1888: Hale gründet Gun Wa Colorado.
- 1889: Die verschlüsselte Anzeige wird veröffentlicht.
- 1891: Hale wird verhaftet und wieder freigelassen. Es erscheinen keine weiteren Werbeanzeigen mehr. Hale flieht nach Europa, um seiner Bestrafung zu entgehen.
- 1894: Hale kommt zurück in die USA, wird in New York verhaftet, nach Colorado ausgeliefert und erhält eine Gefängnisstrafe.
William Hale hatte also einigen Ärger mit der Justiz. Seine verschlüsselte Anzeige ist jedoch deutlich vor seinen beiden Verhaftungen erschienen und dürfte daher mit diesen nicht im Zusammenhang stehen .
Danke an dieser Stelle an die Leser Schorsch und The_Piper, die in ihren Kommentaren interessante Informationen zu Gun Wa lieferten.
Das Kryptogramm
Auf Reddit hat Cipherbrain-Leser YefimShiffrin folgende Transkription des Kryptogramms veröffentlicht:
METXHZJTJGHXNYIDKATJG WEUAVXLDKXVDUEOTTOQ PFMQJDLTOQVAOEPAKFKILX HYMPXTOFWEIFJDV
Mit CrypTool 2 oder Multi-Dec von Cipherbrain-Leser Christian Baumann kann man folgende Buchstaben-Häufigkeiten ermitteln:
Der Koinzidenz-Index liegt bei 4,1 Prozent. Die beiden Blog-Leser Norbert Biermann und ShadowWolf vermuten, dass eine polyalphabetische Chiffre der Periode fünf verwendet wurde. Ein Beispiel wäre eine Vigenère-Chiffre mit einem Passwort bestehend aus fünf Buchstaben.
Kann ein Leser mehr herausfinden?
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Further reading: Wer löst diese verschlüsselte Nachricht aus dem Zweiten Weltkrieg?
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