Im Zweiten Weltkrieg nutzten französische Widerstandskämpfer eine Chiffriertabelle, die auf einem Tuch notiert war. Kann ein Leser eine möglicherweise damit verschlüsselte Nachricht lösen?

English version (translated with DeepL)

In den letzten Wochen habe ich insgesamt dreimal über verschlüsselte Nachrichten der Résistance gebloggt. Der Grund: Über die Webseite “Musée de la résistance en ligne” (“Résistance-Museum online”) findet man eine ganze Reihe von chiffrierten Botschaften dieser Organisation.

Als Résistance bezeichnet man die französische Widerstandsbewegung gegen die deutsche Besatzung im Zweiten Weltkrieg.

Auf die erwähnten Nachrichten stößt man in einem Online-Archiv, das über die besagte Webseite zugänglich ist. Meist gibt es zum Klartext und zu den verwendeten Verschlüsselungsverfahren keine oder nur sehr allgemeine Angaben. Anscheinend hat sich bisher kein Krypto-Historiker mit diesen Kryptogrammen beschäftigt. Umso schöner ist es, dass einige meiner Leser, darunter Norbert Biermann, ShadowWolf, Max Baertl, Gerd Hechtfischer, John Dooley, Matthew Brown, Paolo Bonavoglia, Thomas Bosbach, TWO und George Lasry nach meinen Artikeln etwas Licht ins Dunkel bringen konnten.

 

Eine Chiffriertabelle?

Zu den Objekten, die man über der Résistance-Webseite findet, gehört folgendes Tuch:

Quelle/Source: Musée de la Résistance nationale, Champigny-sur-Marne – fonds José Dupuis

Quelle/Source: Musée de la Résistance nationale, Champigny-sur-Marne – fonds José Dupuis

Mit ist leider nicht klar, welchen Zweck die aufgedruckte Tabelle hatte. Auf der Webseite ist lediglich von einem Code die Rede, der für Funksprüche verwendet wurde.

Soweit ich sehe kommt in den diversen Zahlenkolonnen jeweils jede Zahl nur einmal vor. Es könnte sich dabei also um Chiffrierschlüssel für eine Transpositionschiffre handeln. Die Fünf-Buchstaben-Gruppen in der rechten Spalte könnten Kennungen für den jeweiligen Schlüssel sein. Interessant ist, dass die Zahlenkolonnen unterschiedlich lang sind. Möglicherweise musste man eine Nachricht in Blöcke der entsprechenden Länge einteilen und dann jeden Block einzeln mit dem jeweiligen Schlüssel verschlüsseln. Bei kürzeren Nachrichten (etwa ein Block) erscheint mir diese Methode durchaus sicher. Bei längeren Botschaften (mehrere Blöcke) könnte man dagegen die Technik des multiplen Anagrammierens einsetzen, die in meinem Buch “Codebreaking: A Practical Guide” beschrieben wird.

Oder liege ich mit meiner Annahme falsch, und die Tabelle hat eine andere Bedeutung?

 

Eine verschlüsselte Botschaft

Zusammen mit der Tabelle ist auf der Webseite folgendes Kryptogramm abgebildet:

Quelle/Source: Musée de la Résistance nationale, Champigny-sur-Marne – fonds José Dupuis

Handelt es sich dabei um eine Nachricht, die mithilfe der Tabelle verschlüsselt wurde? Durchaus möglich, allerdings kann es sich natürlich auch um eine falsche Zuordnung handeln.

Kann ein Leser mehr herausfinden? Kommentare nehme ich gerne entgegen.


Further reading: Wer löst diese verschlüsselte Nachricht aus dem Zweiten Weltkrieg?

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Kommentare (3)

  1. #1 Max Baertl
    6. Februar 2022

    Bei dem Tuch handelt es sich um die Schlüsselliste eines „Worked out codes“ auch „A-Z Key“ genannt. Die Zahlenreihen bilden den Transpositionsschlüssel und die 5 Buchstaben Gruppe ist der zugehörige Indikator zum entsprechenden Transpositionsschlüssel. Die Zahlenreihe links ist der 1.Transpositionsschlüssel und die Zahlenreihe rechts der 2.Transpositionsschlüssel

  2. #2 Max Baertl
    6. Februar 2022

    Unter dem Link https://people.duke.edu/~ng46/collections/silk-large-numbers.jpg ist ein weiterer „Worked out Key“ zu sehen.

    Unter dem Link: http://chris-intel-corner.blogspot.com/2013/10/soe-cryptosystems-german-view.html?m=1 ist eine Beschreibung des Systems „Worked out Key“ oder „WOK“ genannt zu finden

  3. #3 ShadowWolf
    7. Februar 2022

    The IoC = 0.065777. This is good for several languages including English. Unfortunately, some frequencies are a bit high for English and some are a bit low. It could just be an unusual plaintext. It doesn’t seem to fit French that well either. The letter count is 315.

    I would say the chances for a transposition or a double transposition are very good.