David Vierra hat die Challenge von Matthew Brown gelöst. Damit ist er der neue Träger des Friedman-Rings.

English version (translated with Deepl)

Wer das aktuelle Krypto-Rätsel als erstes löst, erstellt das nächste. Nach diesem einfachen Prinzip funktioniert der Friedman-Ring. Dabei handelt es sich um ein Spiel, das nach den Kryptologen William und Elizebeth Friedman benannt und vom Iffland-Ring (einem Preis für Schauspieler) inspiriert ist.

Alle bisherigen Preisträger gibt es auf dieser Webseite.

Inzwischen ist die siebte Runde des Spiels beendet. Das Rätsel kam von Matthew Brown. David Vierra hat es als erster gelöst und ist damit der neue Träger des Friedman-Rings. Herzlichen Glückwunsch an alle Beteiligten! Und danke auch an die vielen anderen, die Kommentare veröffentlicht haben.

 

Matthews Challenge

Matthew hatte die folgende Challenge erstellt, die aus zwei Teilen besteht:

Quelle/Source: Matthew Brown

Dies ist der zweite Teil:

Quelle/Source: Matthew Brown

Die beiden Texte stammen von Shakespeare. Weitere Informationen hat Matthew nicht zur Verfügung gestellt. Wie man sieht, ist erst einmal keine Verschlüsselung zu erkennen. Es handelt sich also um einen steganografischen Code.

 

Auf dem Weg zur Lösung

Matthews Challenge hat ein enormes Interesse ausgelöst. Bis heute wurden 206 Kommentare zum entsprechenden Cipherbrain-Artikel veröffentlicht. In der fast zehnjährigen Geschichte dieses Blogs gab es nur einen Beitrag mit mehr Kommentaren (es handelte sich um einen Artikel über Cicada 3301). Beteiligt haben sich an der Lösung von Matthews Challenge Bernd Adameit, Norbert Biermann, Thomas Bosbach, Bill Briere, Peter Bull, Bob Dovenberg, Magnus Ekhall, Thomas Ernst, Etsch, Gerd Hechtfischer, Nils Kopal, Tom Larsen, Marc, Narga, Rizzie, David Scheers, TWO und YefimShiffrin. Anscheinend gab es auch auf Discord Diskussionen über das Rätsel. Vielleicht kann mir ein Leser einen Link oder einen Screenshot zuschicken.

Die richtige Lösung fand schließlich David Vierra. David hat schon öfters auf Cipherbrain kommentiert, ich bin ihm aber nie persönlich begegnet und habe vor dieser Challenge keine Mails mit ihm ausgetauscht. Nach seinem Erfolg habe ich Kontakt mit ihm aufgenommen, und er hat mir einige Informationen über sich zur Verfügung gestellt.

David lebt auf Hawaii (Big Island) und ist auf github sowie Reddit’s r/codes als codewarrior0 bekannt. Er interessierte sich nicht für Kryptografie, bis er auf ein
Chiffrierrätsel stieß, das in dem Computerspiel “Noita” versteckt ist. Über dieses Rätsel habe ich kürzlich gebloggt. Um das Rätsel zu lösen, las David Bücher über das Knacken von Codes, von William Friedmans Werken bis hin zu George Lasrys Buch über heuristische Suchalgorithmen. Ich hoffe, dass auch mein Buch “Codebreaking: A Practical Guide” dabei war. Leider schaffte David es nicht, die Noita-Kryptogramme zu lösen, was allerdings auch sonst bisher niemandem gelungen ist.

 

Die Lösung

Wenn man Matthews Bilder aufhellt, kann man darin zahlreiche kleine Punkte erkennen. Die folgenden Darstellungen hat Norberts Biermann erstellt:

Quelle/Source: Norbert Biermann

Quelle/Source: Norbert Biermann

Die Punkte dienen dazu, Buchstaben des Texts zu markieren. So gesehen gibt es zwei Typen von Buchstaben: markierte und unmarkierte. Bereits im 16. Jahrhundert beschrieb Francis Bacon, wie man mit zwei Buchstabentypen ein Alphabet bestehend aus Fünfergruppen darstellen kann:

Quelle/Source: Wikimendia Commons

Schauen wir uns als Beispiel die ersten fünf Buchstaben in Mathews erstem Shakespeare-Text an. Nur der vierte Buchstabe ist markiert, es ergibt sich also das Muster AAABA. Dies entspricht dem C in Bacons Tabelle. Insgesamt erhalten wir für den ersten Text mit der Bacon-Tabelle folgendes Kryptogramm (danke an Norbert für die Dekodierung):

NLRHHCTVNNSESITISIESAWAHCOSHNGETOAROVILEPETRANSHPT

Hier ist das Ergebnis für den zweiten Text:

LOSBKTAEEOEAAEGRAHDUEHBNEDNENSEEIFYMYOKCESBMANTSNN

Matthew bestätigte, dass der Bacon-Chiffre-Ansatz stimmte. Allerdings hatte er im ersten Text zwei Fehler gemacht. Hier ist die korrigierte Fassung:

NLRHHCTVNNSESITISIESAEAHCOSENGETOAROVILEPETRANSHPT

LOSBKTAEEOEAAEGRAHDUEHBNEDNENSEEIFYMYOKCESBMANTSNN

Die Buchstaben-Häufigkeiten sprechen für eine Transpositionschiffre. Doch wie lautet die korrekte Reihenfolge der Buchstaben? David Vierra fand schließlich den richtigen Ansatz. Da beide Texte gleich lang sind, vermutete er, dass jeweils die gleiche Umordnung verwendet wurde. Die richtige Reihenfolge fand er dann durch Probieren, wobei er ausnutzte, dass bei jeder ausprobierten Umordnung beide Texte Sinn ergeben mussten, Diese Technik wird auch als multiples Anagrammieren bezeichnet und wird in meinem Buch “Codebreaking: A Practical Guide” beschrieben. So ergab sich folgende Lösung (zur besseren Verständlichkeit habe ich Leerzeichen eingefügt):

EVEN THE STRONGEST TRANSPOSITION CIPHERS HAVE AN ACHILLES

HEEL AND ANY MESSAGES FOUND TO BE IN THE SAME KEY CAN BE BROKEN

Nummeriert man die Buchstaben im Klartext (beginnend mit Null), dann lautet die Umordnung (also der Schlüssel) für beide Texte wie folgt: 21 7 30 0 6 23 18 16 49 34 35 8 29 41 12 14 31 2 33 9 19 48 25 46 37 42 13 32 45 5 17 40 47 11 43 10 4 20 36 39 44 28 22 24 3 15 1 38 27 26.

Wie David berichtete, fand er die Lösung durch manuelles Ausprobieren, wobei er vermutete, dass die Wörter TRANSPOSITION CIPHER im Text vorkommen. Computerprogramme, die Transpositionen lösen, halfen ihm dabei nicht weiter. Er erstellte jedoch einige Skripte, die beim multiplen Anagrammieren halfen.

 

Die nächste Runde kommt bestimmt

Ich bin wieder einmal begeistert von meinen Blog-Lesern. Matthew Brown hat ein tolles Rätsel erstellt, das David Vierra in beeindruckender Weise gelöst hat. Natürlich profitierte er hierbei von der Vorarbeit anderer Leser, die ebenfalls Tolles leisteten. Vielen Dank an alle!

Da Cipherbrain Ende des Jahres erst einmal eingestellt wird, kann ich leider noch nicht sagen, wie es mit dem Friedman-Ring weitergeht. Ich gehe jedoch davon aus, dass sich eine Lösung finden wird.


Further reading: Ein kryptologischer Cold Case: Die BND-Challenges von 2014

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Kommentare (5)

  1. #1 Magnus Ekhall
    Borensberg
    25. Dezember 2022

    Congratulations David, well done!

  2. #2 David Vierra
    25. Dezember 2022

    Forgive me! Of course I’ve read your book! “Codebreaking: A Practical Guide” has been a trove of real, historical cryptograms to practice codebreaking with.

  3. #3 Harald Steindl
    Vienna, Austria
    28. Dezember 2022

    Servus,
    Ich kapier es nicht. Ich dachte der erste Text startet mit einem C? Der Text für den Lösungsansatz startet aber mit einem N = abbaa?
    Was übersehe ich?

  4. #4 Matthew Brown
    29. Dezember 2022

    @David Vierra
    Congratulations again, a very impressive solve! I look forward to attempting your puzzle if the Friedman Ring continues.

    @Harold Steindl
    There is also a Caesar shift step which Klaus forgot to mention, CAG… = NLR…

  5. #5 Klaus Schmeh
    30. Dezember 2022

    >There is also a Caesar shift step which Klaus
    >forgot to mention, CAG… = NLR…
    Sorry and thanks for the correction.