Heute geht es um fünf weitere ungelöste Verschlüsselungen aus dem Zweiten Weltkrieg. Kennen meine Leser weitere?

English Version (translated with DeepL)

Zunächst einmal möchte ich hiermit feierlich verkünden, dass ich meinen Blog vor ein paar Stunden in “Cipherbrain” umbenannt habe!

 

Aus der Krypto-Kolumne wird Cipherbrain

Nach acht Jahren des Bloggens erschien mir dieser Namenswechsel sinnvoll. Denn zum einen kam vielen die alte Bezeichnung “Klausis Krypto Kolumne” zu kindisch vor. Außerdem war die nahe liegende Abkürzung KKK aus ebenfalls nahe liegenden Gründen nicht zu gebrauchen. Und schließlich wollte ich auf Grund meiner internationalen Leserschaft lieber einen international verwendbaren Namen haben.

Die Umbenennung in “Cipherbrain” habe ich schon vor Monaten beschlossen. In meinem aktuellen Buch “Codebreaking: A Practical Guide” wird mein Blog bereits als “Cipherbrain” bezeichnet. Ab heute ist der neue Name auch online sichtbar. An den URLs ändert sich nichts, dort wird weiterhin “Klausis Krypto Kolumne” auftauchen. Das liegt daran, dass es zu kompliziert und fehleranfällig wäre, neue Web-Adressen einzuführen.

Der Begriff “Cipherbrain” stammt übrigens von dem legendären und umstrittenen US-Codeknacker Herbert Yardley. Dieser schrieb in seinem 1931 erschienenen Skandalbuch “The Amercian Black Chamber”:

Der erfolgreiche Kryptologe braucht einen Verstand, der schwer zu beschreiben ist. Um wirklich gut zu sein, braucht er nicht nur Jahre lange Erfahrung, sondern auch viel Originalität und Vorstellungskraft in einer besonderen Form. Wir nennen es »Cipherbrain«. Ich kenne keinen besseren Ausdruck dafür. Wir haben es nie geschafft, einen Intelligenztest zu entwickeln, der das Potenzial eines Studenten zuverlässig angab. Selbst die erfolgreichsten Studenten erwiesen sich manchmals als nutzlos, wenn sie eigenverantwortlich arbeiten mussten, man konnte sie nur für Büroarbeit einsetzen. In den Chiffrierbüros von England, Frankreich, Italien und Amerika gab es Tausende von Männern und Frauen, die ihr Leben dieser Wissenschaft widmeten, aber von diesen Tausenden waren höchstens ein Dutzend Cipherbrains.

Dieser Blog ist natürlich nicht nur für Cipherbrains nach Yardleys Definition gedacht, sondern für alle, die sich für historische und moderne Verschlüsselungstechnik interessieren.

 

George Lasry’s Vortrag am Samstag

Und dann möchte ich noch darauf hinweisen, dass Blog-Leser und Codeknacker George Lasry (zweifellos ein Cipherbrain nach Yardleys Definition) am Samstag um 18 Uhr (deutsche Zeit) einen Webinar-Vortrag halten wird. Dieser findet im Rahmen des ICCH-Forums statt.

Das ICCH-Forum wird demnächst mit einer tollen Webseite an den Start gehen – ich habe sie schon gesehen, sie ist aber noch nicht freigeschaltet. Bis dahin kann ich die entsprechenden Vorträge nur ohne Verlinkung ankündigen.

Georges Vortrag hat den Titel “Deciphering Papal Ciphers from the 16th to the 18th Century”. Jeder ist willkommen, die Teilnahme ist kostenlos. Wer Interesse hat, kann mir gerne ein Mail schicken, ich leite dann den Einwahl-Link weiter.

 

Weitere ungelöste Verschlüsselungen aus dem Zweiten Weltkrieg

Kommen wir nun aber zum eigentlichen Thema. Meines Wissens hat noch nie jemand eine Liste von ungelösten Kryptogrammen aus dem Zweiten Weltkrieg zusammengestellt. Deshalb habe ich im ersten Artikel dieser Serie einen ersten Entwurf einer solchen Liste vorgestellt, die ich heute erweitern möchte. Eines der besagten fünf Kryptogramme (das Tagebuch von Emil Klein) wurde inwischen von Armin Krauß gelöst (Gratulation!). Ein weiteres (das Rilke-Kryptogramm) wurde als nichtkryptologisch identifiziert. Es bleiben also drei übrig.

Heute gibt es fünf weitere Beispiele. Die Nummerierung fängt mit 4 an, da ich die drei ungelösten Rätsel vom letzten Mal als Nummer 1 bis 3 betrachte.

 

4. Der SS-Funkspruch

Der US-Professor Nick Gessler hat eine interessante Sammlung, bestehend aus Verschlüsselungsmaschinen, Verschlüsselungsformularen, Chiffrierscheiben, verschlüsselten Postkarten und mehr. Es sind viele einzigartige Stücke darunter. Besonders interessant finde ich den folgenden Zettel, den mir Nick vor einigen Jahren gezeigt hat:

Quelle/Source: Gessler

Dieses Formular wurde offensichtlich 1944 von einem Mitglied der SS ausgefüllt. Vermutlich handelt es sich um einen verschlüsselten Funkspruch, der auf diese Weise protokolliert wurde. Bisher hat niemand die Lösung gefunden.

Leider ist nichts über die genaue Herkunft des Formulars bekannt. Die Unterschrift könnte “Klein” heißen. Vielleicht erkennt jemand etwas auf dem Stempel:

SS-Code-Stempel

Quelle/Source: Gessler

Die bekannteren Verschlüsselungsverfahren des Zweiten Weltkriegs (Enigma, Doppelkasten, Rasterschlüssel 44) passen hier nicht. Die Sonderzeichen in der mittleren Spalte sind ungewöhnlich. Da die Nachricht von einem Untersturmführer unterzeichnet wurde (dies ist ein eher niedriger Rang), kann es sehr gut sein, dass statt einer Verschlüsselungsmaschine ein manuelles Verfahren zum Einsatz kam.

 

5. Die Brieftauben-Nachricht

Über diese wohl bekannteste ungelöste verschlüsselte Nachricht des Zweiten Weltkriegs habe ich dieses Jahr bereits gebloggt. Sie wurde 1982 entdeckt. Der Finder informierte jedoch erst 2012 die Presse.

Bei Renovierungsarbeiten, so lautet die Geschichte, stieß ein Hauseigentümer in Surrey (England) in einem Kamin auf die Überreste einer Brieftaube aus dem Zweiten Weltkrieg. An deren Beinknochen befand sich eine rote Kapsel mit einer verschlüsselten Nachricht:

Taubennachricht

Quelle/Source: GCHQ

Hier ist eine Transkription des Geheimtexts:

AOAKN HVPKD FNFJW YIDDC
RQXSR DJHFP GOVFN MIAPX
PABUZ WYYNP CMPNW HJRZH
NLXKG MEMKK ONOIB AKEEQ
UAOTA RBQRH DJOFM TPZEH
LKXGH RGGHT JRZCQ FNKTQ
KLDTS GQIRW AOAKN 27 1525/6.

Trotz eines beträchtlichen Medienrummels konnte niemand die Taubennachricht knacken. Bisher hat meines Wissens auch niemand eine vergleichbare Botschaft gefunden, obwohl es solche gegeben haben muss.

Die Brieftauben-Nachricht ist nicht in einer erkennbaren Weise datiert. In der Presse hieß es, dass die Botschaft am 6. Juni 1944, dem D-Day, von Frankreich nach England geschickt wurde. Dass die Taube aus Frankreich kam, ist aus geografischen Gründen durchaus plausibel. Warum es gerade am D-Day, dem wohl wichtigsten Datum des Zweiten Weltkriegs, gewesen sein soll, ist mir allerdings nicht klar.

Interessant ist auch, wie wenig man über den Hintergrund dieser Botschaft weiß. Es ist noch nicht einmal bekannt, welche Verschlüsselungsverfahren die Briten für ihre Brieftauben-Kommunikation im Zweiten Weltkrieg nutzten. Dies ist umso erstaunlicher, als Brieftauben in der Armee des Vereingten Königreichs damals eine wichtige Rolle spielten. Die Spekulationen über die hier verwendete Chiffre reichen von einer Typex-Verschlüsselungsmaschine über ein Codebuch bis zu einem One-Time-Pad.

 

6. Die Doppelkasten-Nachrichten

Der Doppelkasten, eine Variante der Playfair-Chiffre, war das vermutlich am häufigsten verwendete manuelle Verschlüsselungsverfahren der Deutschen im Zweiten Weltkrieg.

Frode Weierud, einer der weltweit führenden Enigma-Experten hat in einem Archiv eine Reihe von Original-Doppelkasten-Nachrichten der deutschen Ordnungspolizei aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden. Er stellte mir dankenswerterweise Scans und Transkripte davon zur Verfügung. Die erste Nachricht aus dieser Sammlung wurde am 16. Juni 1942 von verschickt:

Source: Weierud

Diese Nachricht wartet noch auf ihre Dechiffrierung. Der verlinkte Blog-Artikel zeigt einige weitere ungelöste Funksprüche aus dieser Serie.

 

7. Enigma (Karpathen)

Spezialisten wie Michael Hörenberg, Dan Girard, Frode Weierud, Geoff Sullivan, Olaf Ostwald und Stefan Krah haben in den letzten Jahren Hunderte von originalen Enigma-Nachrichten aus dem Zweiten Weltkrieg dechiffriert. Es gibt aber immer noch ungelöste Enigma-Funksprüche. Zum Beispiel den folgenden mit der Aufschrift “Karpathen”. Wolfgang Schmidt, Hauptmann bei der Bundeswehr und Kurator eines Bundeswehrmuseums in Feldafing bei München, hat ihn mir zur Verfügung gestellt:

Quelle/Source: Bundeswehr

Das angegebene Datum ist der 10. Januar 1945. Schon mehrere Enigma-Experten haben sich dieses Kryptogramm angeschaut, aber meines Wissens ohne Erfolg.

 

8. Enigma (Thetis)

Hier ist ein weiterer ungelöster Enigma-Funkspruch (mit der Aufschrift “Thetis”). Danke an Michael Hörenberg für den Hinweis.

Quelle/Source: Hörenberg

Dieser Funkspruch stammt vom 1. Mai 1945, also aus den letzten Kriegstagen. Er ist vermutlich fehlerhaft, was ihn schwer zu knacken macht. Auf der verlinkten Seite findet sich eine genaue Analyse von Dan Girard.

 

Eine Liste

Hier ist eine Liste von ungelösten Kryptogrammen aus dem Zweiten Weltkrieg. Die einzelnen Einträge sind auf Englisch notiert. Die ersten acht Einträge stammen aus diesem und dem letzten Artikel.

  1. Bullet cryptogram
  2. Schleswig-Holstein telegrams
  3. Köhler cryptograms
  4. SS radio message
  5. Carrier pigeon message
  6. Doppelkasten messages
  7. Enigma message (Karpathen)
  8. Enigma message (Thetis)

Die folgende Liste nennt noch ein paar mehr (vielen Dank an Dan Girard für seinen Hinweis):

Diese Liste ist sicherlich noch nicht vollständig. Insbesondere gibt es sicherlich noch einige weitere Enigma-Nachrichten aus dem zweiten Weltkrieg, die ungelöst sind. Außerdem könnten einige der genannten Kryptogramme inzwischen gelöst sein. Ich hoffe, dass mir meine Leser helfen können, die Liste zu erweitern und zu verbessern.


Further reading: Die Slidex: ein Low-Tech-Verschlüsselungswerkzeug aus dem Zweiten Weltkrieg

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Kommentare (28)

  1. #1 Max Baertl
    4. Februar 2021

    Der Klartext der gezeigten Doppelkastennachricht mit dem Spruchkopf: DQH v SQF C’ SQF NR14 2325 228 vom 16/6/42 ist wohl unter dem folgenden Link zu finden:
    https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/cb/Hsspf_decrypt_1.png

  2. #2 Gerd
    4. Februar 2021

    Die Nr. 4 ist kein Funkspruch, sondern ziemlich sicher eine Fälschung. Der verwendete Fantasie-Stempel findet sich im Internet immer wieder auf Dokumenten, die als “Andenken” für Sammler angeboten werden.
    zB hier:
    https://www.geldscheine-online.com/post/moderne-f%C3%A4lschungen-von-geld-aus-konzentrationslagern-und-gettos-des-dritten-reichs
    (SS: Fantasie-Prämienschein über 1 RM)

  3. #3 Max Baertl
    4. Februar 2021

    Da der unter: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/cb/Hsspf_decrypt_1.png zu findende Klartext sehr unleserlich ist, hier eine Transkription:

    An RF SS und Chef Orpo.
    An Strasse BOBRUISK-MOGILEW, Partisanenkampf: 16 Mann von Pol. Batl. 51 gefallen. Das Dorf BOREI wurde dem Erdboden gleichgemacht. Die Einwohnerschaft liquidiert.
    Von höheren SS und Pol. führer Russland Mitte

  4. #4 Thomas
    4. Februar 2021

    Ein Wiedersehen mit dem Waffen-SS Stempel mit dem in die andere Richtung blickenden Parteiadler statt dem Reichsadler aus dem Lager “Cublin” statt “Lublin” (https://scienceblogs.de/klausis-krypto-kolumne/2017/08/07/the-top-50-unsolved-encrypted-messages-25-the-ss-radio-message/). Der Stempel mit der unhistorischen Abkürzung “Kztr.-Lager” ist auch beliebt auf gefälschten SS-Prämienscheinen: https://www.geldscheine-online.com/post/moderne-f%C3%A4lschungen-von-geld-aus-konzentrationslagern-und-gettos-des-dritten-reichs.

  5. #5 George Lasry
    5. Februar 2021

    You have also the unsolved T52 message captured by the Swedish FRA and still unsolved.

    https://scienceblogs.de/klausis-krypto-kolumne/2018/07/31/george-lasrys-new-attacks-on-the-geheimschreiber/

  6. #6 TWO
    5. Februar 2021

    Regarding the An RF SS und Chef Orpo telegram.

    I have my doubts about this

    Himmler was Reichsfuhter SS und Chef der deutschen Polizei im Reichsministerium des Innern,
    The Police Battalions in Russsia (et al) reported directly to him.

    Chef Orpo was Kurt Delague who was subordinate to Himmler.

    This battle is mentioned in Erich von dem Bach’s diary : https://www.forum-der-wehrmacht.de/index.php?thread/4631-polizei-batl-51-stuttgart/&pageNo=3

    Eintrag am 15. Juni 1942:
    …”Heute ist ein schwarzer Tag. Ein Kommando des Pol.Btl. 51 in Stärke von 19 Mann übernahm den Begleitschutz für einen Störungssucher-Trupp der Wehrmacht auf der Straße Mogilew-Bobruisk. An der bekannten Stelle im Walde südlich Suchinitschi gerieten die Männer in eine Partisanenfalle. 16 Polizisten wurden viehisch abgeschlachtet.”…

    Anything known about the original telegram?

  7. #7 Thomas
    5. Februar 2021

    Gibt es eigentlich einen praktischen Grund dafür, dass bei der Marine Vierergruppen verwendet wurden (Nr. 8), während ansonsten Fünfergruppen üblich waren?

  8. #8 Michael BGNC
    Lake Constance
    5. Februar 2021

    @Thomas:

    The only reasons I can think of are practical ones: Maybe it has to do with the way they produce the indicator groups (Kenngruppen). With groups of four you can easly use the “Doppelbuchstaben – tauschtafel” (bigram substitution table). Also you can use the group of 4 paper sheet to apply the Reservehandverfahren (RHV) (English: Manual Backup Procedure) in case the Enigma machine is broken.

  9. #9 Matthew Brown
    5. Februar 2021

    Regarding the ORPO telegram;

    – Klaus and Frode suggest that first five letters of the ciphertext ARTTN are the discriminator and should be ignored, but the message length is 228 which would leave 223 ciphertext letters, surely this is impossible as letters are enciphered as pairs. Could the discrimintor be in the preamble and ARTTN be part of the Ciphertext?

    – There is a mismatch in length between the plaintext Max found(224) and the ciphertext(228). A few possible explanations included enciphering umlauts as letter pairs, or adding X’s to separate place names and numbers as described here https://www.nsa.gov/Portals/70/documents/news-features/declassified-documents/cryptologic-quarterly/world_war_II.pdf

    – Do we know how numbers were handled in the double box cipher? I’m guessing they were written out as words but if the 2 numbers in the PT are replaced with words (SECHZEHN and EINUNDFUNFZIG) the PT(241) becomes much longer than the CT(228).

    – Even with both PT and CT it is hard to match them up as there are so many different descriptions of how the cipher works. I’ve tried reading off many variants of the plaintext in line lengths of 17 and 21 but have not yet managed to match them to the ciphertext. When the correct method is used bigram repeats should occur in the same places in both the PT and the CT, even without knowing the substitution keys.

  10. #10 Max Baertl
    5. Februar 2021

    @Matthew Brown
    I think one of the problems in reconstructing the keys is that we don‘t know which abbreviations and letters for punctuations the ORPO used. As the ORPO was a Police organisation and not part of the Army, they used a different system for punctuations/numbers etc.

  11. #11 Kerberos
    5. Februar 2021

    Nr 4
    was written with a ” Bandzugfeder ” (Could’nt find
    an english name). eg.:
    https://www.feder-fuehrend.de/products/bandzugfeder-brause
    This kind of pen is more calligraphic, another hint
    to some fakers workshop.

  12. #12 TWO
    5. Februar 2021

    The Orpo messages were IIRC broken by the NSA decades ago.
    Here is another example :
    https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/f2/Hsspf_decrypt_2.png

    There is an NSA publication on it.

  13. #14 Matthew Brown
    6. Februar 2021

    Interesting, the NSA publication seems to suggest these were originally broken at Bletchley Park. The article itself only includes a couple of plaintexts and no description of how the cipher works, but on page 62 it mentions records in the NARA archives which contain all the decrypts along with details of how the system worked.

    I think these are the ones mentioned [https://catalog.archives.gov/id/2811177] [https://catalog.archives.gov/id/2807120], unfortunately they’re not available on-line.

  14. #15 Klaus Schmeh
    6. Februar 2021

    Bill Ricker via Facebook:
    I like the new blog name despite the Yardley connection.

  15. #16 Klaus Schmeh
    7. Februar 2021

    @Max Baertl, Matthew Brown, TWO: Thank you very much! The material you reference provides a lot of interesting background information and even the content of some of the messages.

  16. #17 The_Piper
    8. Februar 2021

    @Gerd – #4 ist eine Fälschung

    Das Formular und die Stempel sind in Fraktur geschrieben.

    Das angebliche Datum der Meldung ist der 09.02.1944.

    Fraktur -> Schwabacher Judenlettern -> Normalschrifterlaß.

    “Am 3. Januar 1941 fällte Hitler seine Entscheidung. Die gotischen Schriften seien sämtlich zugunsten der „Normal-Schrift“ aufzugeben.”

    “Am heutigen Tage hat der Führer in einer Besprechung mit Herrn Reichsleiter Amann und Herrn Buchdruckereibesitzer Adolf Müller entschieden, dass die Antiqua-Schrift künftig als Normal-Schrift zu bezeichnen sei. Nach und nach sollen sämtliche Druckerzeugnisse auf diese Normal-Schrift umgestellt werden. Sobald dies schulbuchmässig möglich ist, wird in den Dorfschulen und Volksschulen nur mehr die Normal-Schrift gelehrt werden.”

    Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Antiqua-Fraktur-Streit#Normalschrifterlass

    Ab 1941 wurde alles auf Antiqua umgestellt, aber 1944 wurden noch Formulare in Fraktur verwendet?

    Entweder haben die vor 1941 tonnenweise Formulare in Fraktur gedruckt, die noch 1944 verwendet wurden, oder das Ganze ist wirklich eine Fälschung.

    Außerdem, warum ist das Ding handschriftlich mit SS-UstF unterschrieben und noch zusätzlich mit SS-Untersturmführer gestempelt?

    Außerdem wurde Untersturmführer mit Ustuf abgekürzt, und nicht UstF.
    https://de.wikipedia.org/wiki/SS-Untersturmf%C3%BChrer

    Auch google liefert keinen Hinweis darauf, daß UstF eine Abkürzung für Untersturmführer ist.

  17. #18 Max Baertl
    8. Februar 2021

    @The_Piper
    Danke für die ausführliche Erklärung, auch auf mich wirkt das Dokument wie eine Fälschung für einschlägige Sammlerkreise.

  18. #19 Thomas
    8. Februar 2021

    @The_Piper

    Sehr schöne Zusammenstellung zu #4! Noch zur Ergänzung:

    Es gab einen Standartenführer (Michael) Lippert, der auch einmal bei der Panzerdivision Frundsberg war. Indes wurde “Standartenführer” mit Staf abgekürzt, nicht StdF, wie hier zu sehen. Letztere Abkürzung stand für “Stellvertreter des Führers”, bis dahin ist Lippert aber nicht befördert worden.

    Ein Stempel “Geheime Dokumente” war in der Verschlußsachen-Vorschrift nicht vorgesehen, vielmehr gab es beim Militär die Geheimhaltungsstufen “Nur für den Dienstgebrauch”, “Geheim” und “Geheime Kommandosache”, dieser Stempel hier ist frei erfunden.

    Der unsinnige runde “Briefstempel” (falscher Adler, “Amts-Kztn”, Cublin statt Lublin) ist nicht nur auf erfundenen Prämienscheinen, sondern auch schon mal auf einem Jubiläumsmarkenbogen “2 Jahre Generalgouvernement Polen” zu finden. Auf einem intakten, nicht gelaufenen Markenbogen hat ein zu Briefstempel aber ebenso wenig zu suchen wie auf einem Spruchnachrichtenvordruck, wie hier.

    Ich hoffe nur, dass der Sammler für diesen Humbug nicht zuviel gezahlt hat!

  19. #20 Gerd
    8. Februar 2021

    Thomas u. The_Piper, damit sind wirklich viele Merkmale zusammengetragen, die dieses Blatt als Fälschung eines Souvenir-Produzenten entlarven. Ein Detail fällt mir noch ein: Alle ähnlichen echten Briefstempel die ich gefunden habe, haben im Wort Briefstempel ein langes s (wie f ohne Querstrich). Nur dieser Fantasiestempel ist mit dem “s” geschrieben, das bei Frakturschrift aber nur als End-s vorkommen darf.

  20. #21 The_Piper
    9. Februar 2021

    Ich habe mir jetzt mal 7. Enigma (Karpathen) angeschaut.

    Das Formular ist ja wieder in Fraktur gedruckt, anstatt Antiqua, und soll von 1945 sein?

    Hat denn niemand mal auf den Führer gehört?

    Kein Wunder, daß wir den Krieg verloren haben..

    Das Fernschreiben geht an Oberkdo. der Wehrmacht, also Oberkommando der Wehrmacht, bekannt als OKW.

    Oben rechts steht aber bei “An” HOKW, soll das evtl. Heeres-Oberkommando der Wehrmacht heißen?
    Google kennt diese Abkürzung nicht, und es gab das OKH, das Oberkommando des Heeres.

    Karpathen ist ein Restaurant in Wuppertal, seit 1836, und die alte Schreibweise für heute das Gebirge “Karpaten”.

    Weiß jemand, seit wann man “Karpaten” anstatt “Karpathen” schreibt?
    Ich tippe auf Kaiserreich, Duden, wo u.a. das Th, “Thür” -> “Tür”, entfernt wurde.
    Evtl. ein Hinweis auf eine Fälschung.
    Oder einen Legasteniker.

  21. #22 Thomas
    9. Februar 2021

    @The_Piper

    Jedenfalls noch im Zweiten Weltkrieg schrieb man mit “h”: Im “Schutzvertrag” zwischen dem Deutschen Reich und der Slowakei von 1939 heißt es noch “Karpathen”, zudem gab es auch die “Karpathen Öl AG” in Lemberg.

  22. #23 Thomas
    9. Februar 2021

    @The_Piper

    Zu #7:

    HOKW ist kein Fehler. Es bedeutete “Hauptquartier des Oberkommandos der Wehrmacht”(https://books.google.de/books?id=lsr6AgAAQBAJ&pg=PR25) und ist z.B. auf dem Telegramm im Zusammenhang mit dem Stauffenberg-Attentat zu sehen: https://www.dhm.de/blog/2019/07/19/staatsstreich-per-fernschreiben/

    Im Netz sind auch viele entsprechende Spruchvordrucke mit Fraktur nach 1941 zu finden.

  23. #24 Max Baertl
    9. Februar 2021

    Ich stimme @The_Piper zu das #4 eine Fälschung ist. Die #7 ist meiner Meinung nach echt.

  24. #25 Michael BGNC
    Lake Constance
    10. Februar 2021

    I also agree Nr. 7 is original. The source is reliable. The message form is well known and the entries are correct.

  25. #26 Michaela Ellguth
    16. Februar 2021

    Die Brieftaubennachricht ist seit 2013 entschlüsselt https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-90638297.html

  26. #27 Klaus Schmeh
    17. Februar 2021

    @Michaela Ellguth:
    Ich finde diese Lösung nicht besonders einleuchtend und bin sicherlich nicht der einzige.
    Beispiel:
    “PABUZ hieße: ‘Panzer Assault Blitzing U to Z’ – deutsche Panzer durchbrechen die Sektoren U bis Z”
    Ein solches Verfahren ließe sich kaum fehlerfrei entschlüsseln.

  27. #28 Max Baertl
    17. Februar 2021

    @Michaela Ellguth
    Die vom Historiker Gord Young eingereichte angebliche Lösung wurde bereits als falsch entlarvt.

    https://www.google.de/amp/s/www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/brieftaube-mit-geheimbotschaft-weltkrieg-code-doch-nicht-geknackt-a-874803-amp.html